- Bei der Einführung von Förderklassen in Basler Schulen wurde ein Kompromiss gefunden.
- Der Grosse Rat befürwortet den Gegenvorschlag zur Förderklassen-Initiative deutlich – ohne Gegenstimme.
- Damit ziehen die Initianten ihre Forderung voraussichtlich zurück – ihre Kernanliegen werden erfüllt.
Bei der integrativen Schule, mit der möglichst alle Kinder und Jugendlichen gemeinsam unterrichtet werden, war Basel-Stadt am weitesten gegangen: 2011 strich der Stadtkanton die früheren Kleinklassen gleich ganz aus seinem Schulgesetz. Warnungen der Lehrerschaft wurden damals in den Wind geschlagen. Die Kritik flaute aber trotz der Einführung diverser Förderangebote 2016 nicht ab.
Förderklassen-Initiative: Hilferuf von Lehrerinnen und Lehrern
Eine Initiative für heilpädagogische Förderklassen hat nun den Anstoss für eine Aktualisierung des Schulgesetzes gegeben. Das Kantonsparlament stimmte mit grossem Mehr dem Kompromiss-Gegenvorschlag seiner Bildungskommission klar zu, solche Förderklassen wieder zuzulassen. Dies soll neben der Primarschule auch für die Sekundarstufe I gelten, also die gesamte Volksschule.
Der Kompromiss sieht vor, dass Schulen Förderklassen schaffen können, jedoch nur für Kinder mit Lernschwäche und Lernstörungen, nicht aber für solche mit Verhaltensauffälligkeiten. Damit ist es den Schulen überlassen, ob sie Förderklassen einführen wollen.
Die Abgrenzung dürfte allerdings gemäss dem baselstädtischen Lehrpersonen-Berufsverband Freiwillige Schulsynode (FSS) in der Praxis schwierig sein, weil Lernschwäche und Verhaltensauffälligkeit oft einhergingen.
Ganzes Paket an Massnahmen
So wird das Konzept der integrativen Schule nicht über Bord geworfen, sondern die Schulen erhalten mit Förderklassen mehr Möglichkeiten, alle Kinder besser zu unterrichten, so integrativ wie möglich. Die Gesetzesrevision bringt daneben auch andere Instrumente wie sogenannten Lerninseln, eine Art Auszeit bei Schwierigkeiten für einige Stunden bis Wochen.
Konkret über die Einführung solcher Klassen entscheiden sollen die einzelnen Schulstandorte. In Basel-Stadt werden die Volksschulen ein Stück weit autonom geführt. Welche Kinder dort in Förderklassen kommen, sollen jeweils die unterrichtenden Teams entscheiden, unter Einbezug der Eltern. Dem FSS schwebt eine Maximalgrösse von zehn bis zwölf Kindern vor.
Neuer Erziehungsdirektor zeigt sich offen
Was tatsächlich drin liegt, hängt auch davon ab, wie viele Mittel aus dem Budget des Erziehungsdepartements zur Verfügung stehen werden. Der neue Vorsteher Mustafa Atici (SP) ist erst seit April im Amt, hat sich aber schon positiv zu Förderklassen geäussert. Sein Vorgänger, LDP-Regierungsrat Conradin Cramer, war kein Freund von Förderklassen.
Nach dem Grünen Licht des Grossen Rates für den Gegenvorschlag zeichnet sich ab, dass wohl keine Abstimmung zur Förderklassen-Initiative stattfinden wird. Das Initiativkomitee und die FSS haben signalisiert, dass sie ihr Begehren zurückziehen.
«Unser Hauptanliegen ist erfüllt. Jetzt ist es wichtig, dass es rasch vorwärtsgeht», sagt Marianne Schwegler, Vizepräsidentin der FSS. Der Kompromiss könnte aber schon per Sommer 2025 zum Tragen kommen, während die Umsetzung einer Initiative zwei Jahre dauern könnte.