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Klares Signal an die EU Mit Druck erreicht man nichts

Sieben Jahre nach der ersten Verhandlungsrunde mit der EU über ein Rahmenabkommen zieht der Bundesrat einen Schlussstrich. Die verbleibenden Differenzen sind für ihn zu gross, als dass er den höchst umstrittenen Abkommenstext dem Parlament unterbreiten möchte.

Faktisch abgebrochen hat die Verhandlungen aber eigentlich die EU – bereits vor drei Jahren. Im November 2018 war es EU-Kommissar Johannes Hahn, der bei einem Ministertreffen in Zürich mit Aussenminister Ignazio Cassis die Verhandlungen einseitig für beendet erklärte.

Im Nachhinein war es wohl ein Fehler des Bundesrates, nicht schon damals dieses Vorgehen der EU als inakzeptabel zurückgewiesen und stattdessen eine innenpolitische Konsultation gestartet zu haben, die lange zweieinhalb Jahre gedauert hat.

EU knüpfte Abkommen an Sachfremdes

Die EU hat diese Zeit genutzt, um gegenüber der Schweiz eine eigentliche Drohkulisse aufzubauen. Dabei war sie sich nicht zu schade, auch Dossiers mit dem Rahmenabkommen zu verknüpfen, die überhaupt nichts damit zu tun haben: die Anerkennung der Schweizer Börse zum Beispiel. Oder die Beteiligung der Schweiz am nächsten EU-Forschungsrahmenprogramm.

Die Message aus Brüssel war klar: gibt die Schweiz beim Rahmenabkommen nicht klein bei, wird sie von der EU nirgends mehr ein Entgegenkommen erwarten können.

Der Positionsbezug des Bundesrates von heute ist auch als klare Antwort auf diese Druckversuche zu verstehen. Dies durchaus auch vorausschauend. Denn was in der bisherigen Debatte über das Rahmenabkommen kaum beachtet worden ist: in einer von der EU einseitig entworfenen und dem Abkommen angehängten «Gemeinsamen Erklärung» hätte sich die Schweiz verpflichten müssen, als Nächstes das bestehende Freihandelsabkommen mit der EU von 1972 zu «modernisieren». Will heissen: dem EU-Recht anzupassen.

Wichtigen Handelspartner vergrault

Man darf darauf wetten, dass die EU auch hier wieder versucht hätte, mit Druck und Abstraktionen die Schweiz zu einer solchen «Modernisierung» zu zwingen. Mit einer Unterschrift der Schweiz unter das Rahmenabkommen wäre also keineswegs Ruhe eingekehrt.

Heute hat der Bundesrat unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass die Schweiz als viertgrösster Handelspartner der EU und zweitgrösster Investor in der EU (weltweit!) ein solches Vorgehen nicht toleriert. Die Schweiz hat markiert, dass man mit ihr in einem Klima des Drucks und der Einschüchterung nicht zu Vertragsabschlüssen kommt.

Philipp Burkhardt

Leiter Bundeshausredaktion

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Philipp Burkhardt ist Leiter der Bundeshausredaktion von Radio SRF, für das er seit über 24 Jahren tätig ist. Davor hatte er unter anderem für «10vor10» und die «SonntagsZeitung» gearbeitet.

SRF 1, 26.5.21, 15:45 Uhr

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