Der Wald, ein Ort mit viel Schatten, frischer Luft und Ruhe – meistens jedenfalls. Im Längholzwald am Rande der Stadt Biel/Bienne könnte es zwischenzeitlich richtig laut werden: Der Berner Staatsforst plant hier, 700 Bäume zu fällen.
Bevölkerung wehrt sich gegen Holzschlag
Der Staatsforst ist überzeugt: Der Wald muss verjüngt werden. Es brauche eine bessere Durchmischung mit Bäumen, die mit dem Klimawandel zurechtkommen. Aber die Berner Kantonsregierung hat das Vorhaben vorläufig gestoppt. Über 1300 Personen haben eine Petition unterschrieben, die den «Kahlschlag» verhindern will.
«Die Bedürfnisse der Bevölkerung und der Umwelt sollten im Zentrum stehen, nicht das Geld», sagte ein Mann an einem der beiden «Dialoge», zu denen der Kanton Bern die Bevölkerung eingeladen hat, um die Wogen zu glätten. «Der Längholzwald ist das Herz und die Lunge unserer Stadt. Wir feiern, spielen und lernen dort», sagte eine Frau zur Bedeutung des Waldes.
Der Wald ist populärer geworden
Der Widerstand in Biel/Bienne ist kein Einzelfall, sagt Evelyn Coleman Brantschen, Professorin für Waldpolitik an der Berner Fachhochschule. «Die Konflikte zwischen Erholungsnutzung und Holznutzung haben zugenommen.» Mittlerweile rege sich bei fast jedem Holzschlag landauf, landab Widerstand.
Der Widerstand in Biel ist kein Einzelfall.
«Das hat damit zu tun, dass die Menschen vermehrt im Wald unterwegs sind und eine kritischere Haltung gegenüber der Waldbewirtschaftung einnehmen», so die Expertin. Dabei verfolgten Erholungssuchende sowie Förster eigentlich dasselbe Ziel: Den Wald schützen und erhalten, damit er seine Leistungen für die Holzproduktion, den Schutz vor Naturgefahren, die Biodiversität und die Erholung erfüllen kann.
Intensivere Kommunikation
«Die Förster sehen sich als Hüter des Waldes. Darum bringen sie nur bedingt Verständnis für die heftigen Reaktionen der Bevölkerung auf.» Für Evelyn Coleman Brantschen ist klar: Es muss mehr Verständnis für die Waldbewirtschaftung geschaffen werden. Es brauche eine intensivere Kommunikation.
Wald Schweiz, der Verband der Waldeigentümer, lancierte diesen Frühling eine breit angelegte Kampagne, um für geplante Holzernten zu sensibilisieren. Auch die Burgergemeinde Bern hat bereits vor zwei Jahren die Kommunikation in ihrem Forst intensiviert. Seither werden Bürger und Bürgerinnen auf Holztafeln und organisierten Spaziergängen im Wald sowie in sozialen Netzwerken informiert.
Die Erfahrungen sind positiv. «Die Leute schätzen diese Informationen und können auch nachvollziehen, warum wir die Bäume ernten», so Philipp Hug, Co-Leiter des Burgerforsts. Seit einem Monat kümmert sich in Bern gar eine Fachperson in einem 80-Prozent-Pensum um die Waldkommunikation.
«Aktiv zu kommunizieren, kostet sehr viel Zeit», sagt Hug. «Damit wir uns auf unsere Kernaufgaben konzentrieren können, haben wir eine Kommunikationsperson angestellt.» Diese soll Themen aufbereiten und der Bevölkerung zur Verfügung stellen.
Auch in Biel/Bienne wird derweil auf Kommunikation gesetzt. Der Austausch zwischen dem Berner Staatsforst und der Bevölkerung steht jedoch noch am Anfang. Die Eingaben aus den beiden Dialogen will der Kanton nun prüfen und dann das weitere Vorgehen festlegen. Ziel sei eine weiterhin nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder mit einer erhöhten Akzeptanz der Bevölkerung.