Die Lausanner Polizei steckt in einer Krise. Rassistische Chats von Polizisten sind publik geworden, ein Schwarzer Jugendlicher ist bei der Flucht vor einer Polizeikontrolle ums Leben gekommen, danach kam es zu Ausschreitungen. Seither wurden acht Beamte freigestellt, es ist ruhiger. Doch das Vertrauen vieler Minderheiten bleibt erschüttert.
Zweifel an jahrelanger Arbeit
Dieses wieder herzustellen, ist die Aufgabe von Lionel Imhof. Er ist bei der Polizei Lausanne für den Kontakt zu den vielen Gemeinschaften der Stadt zuständig. Zu den rassistischen Chats sagt er nichts. Doch seine Verunsicherung ist spürbar: «Das hat meine ganze Arbeit infrage gestellt. Hat all die Ausbildung und all die Bemühungen überhaupt etwas gebracht?»
Imhof hat in den letzten Wochen unzählige Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern von Minderheiten geführt. Seine Frage: Wer arbeitet nach dem Skandal noch mit der Polizei zusammen? «Alle haben gesagt: Jetzt erst recht», erzählt er.
Für gewisse Minderheiten ist die Polizei eine Bedrohung.
Auch Amani Bathily, die sich mit ihrer Organisation «Safro» für die Rechte von Menschen afrikanischer Herkunft einsetzt, bleibt im Dialog mit der Polizei. Sie beteiligt sich weiterhin an Kursen, die Polizisten für Rassismus sensibilisieren sollen. Doch sie warnt: «Für gewisse Minderheiten ist die Polizei eine Bedrohung. Besonders dunkelhäutige Männer fühlen sich oft grundlos kontrolliert.»
Die Ausschreitungen hätten gezeigt, dass zwischen Polizei und Minderheiten etwas zerbrochen sei. Bathily fordert deshalb mehr Gespräche – in Schulen, Kirchen und Quartieren. «Ich glaube, Dialog ist möglich. Aber man darf sich nicht davor drücken, weder die Polizei noch die Minderheiten.»
Mit Gesprächen gegen die Polarisierung
Zudem brauche es mehr Transparenz seitens der Polizei: Wer werde kontrolliert – und warum? Solche Informationen fehlen laut Bathily heute.
Lionel Imhof will vor allem die Jugendlichen erreichen, die im Sommer randalierten. Dass sie die Autorität der Polizei plötzlich schätzen, glaubt er zwar nicht. Aber er hofft, dass zumindest Diskussionen möglich werden – auch wenn die Emotionen hochkochen.
Einig sind sich der Polizist und die Minderheitenvertreterin, dass Vertrauen schaffen Jahre dauern und viel Ausdauer brauchen wird.