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Yvonne Gilli, neue FMH-Präsidentin
Aus Tagesgespräch vom 01.02.2021. Bild: Keystone
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Kritik am BAG Ärzteschaft fühlt sich bei Impfkampagne übergangen

Die neue FMH-Präsidentin Yvonne Gilli fordert vom BAG, die Ärzte bei der Pandemiebewältigung besser einzubeziehen. Auch beim Impfen.

Die erste Frau an der Spitze der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH) wurde schon von ihrem Amtsantritt deutlich. Im «Blick» widersprach Yvonne Gilli Anfang Januar den Bundesräten Guy Parmelin und Alain Berset, die sich von der Heftigkeit der zweiten Welle überrascht gezeigt hatten.

«Jede medizinische Fachperson hat das gewusst. Das sind schlicht naturwissenschaftliche Prinzipien, ein erneuter Anstieg war absolut absehbar», sagte Gilli damals.

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Aus dem Archiv: «Die zweite Welle ist da»
Aus SRF News vom 18.10.2020.
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Nun tritt sie ihr Amt beim FMH an. Sie beginne nicht gerne mit Kritik, sagt Gilli im «Tagesgespräch» von Radio SRF. Aber: «Beim BAG fehlt die ärztliche Expertise.» Die oberste Ärztin des Landes führt die Verzögerungen bei der Impfkampagne auch darauf zurück, dass zu wenig auf die Praktiker gehört wurde.

Zu wenig gehört, zu wenig einbezogen

Bei den Impfungen müssten nicht nur theoretische Fragen beantwortet werden, so Gilli. «Wo werden die Menschen geimpft, wer ist befähigt, sie zu impfen und wie soll es logistisch gelöst werden?» Hier brauche es die Ärztinnen und Ärzte. «Sie werden aber immer wieder vergessen.»

Impfung in Heim
Legende: Hochbetagte Menschen in Bergregionen könnten nicht einfach zu einem Impfzentrum fahren, kritisiert Gilli. Nun komme es zu Verzögerungen, weil solche grundlegenden Fragen geklärt werden müssten. Keystone/Symbolbild

Ein Reizthema betrifft auch die Praktiker selbst: Sollen Pflegende und Ärzteschaft zur Covid-Impfung verpflichtet werden? Immerhin sind sie in Spitälern, Pflege- und Altenheimen täglich in Kontakt mit besonders gefährdeten Menschen. Zudem strapazieren coronabedingte Ausfälle und Quarantänen die angespannte Personalsituation weiter.

Eine Impfpflicht braucht es für Gilli trotzdem nicht. «Die letzten Umfragen zeigen, dass mit dem konkreteren Zugang zu einem wirksamen Impfstoff auch die Nachfrage steigt.» Wichtig sei, dass das Gesundheitspersonal, das in engem Patientenkontakt stehe, priorisiert geimpft werde.

Impfskepsis in der Ärzteschaft?

«Jeder vierte Arzt will sich nicht impfen lassen», war zuletzt in den Medien zu lesen. Die Zahlen beruhten auf einer Umfrage unter der deutschen Ärzteschaft, sagt Gilli – und wundert sich über den medialen Dreh des Ergebnisses: «Die Umfrage zeigte das umgekehrte Resultat: Ärztinnen und Ärzte wollen sich im Vergleich mit der Gesamtbevölkerung überdurchschnittlich impfen lassen.»

Gilli spricht 2015 im Nationalrat
Legende: Die frühere Grünen-Nationalrätin Yvonne Gilli vertritt neu rund 42'000 Ärztinnen und Ärzte und 90 Ärzteorganisationen in der Schweiz. Keystone/Archiv

Die Impfung sei völlig unumstritten und ein wichtiger Baustein, um die Pandemie zu bewältigen, so Gilli weiter. Die ärztliche Verantwortung sei es aber, die Patienten nach aktuellem Wissensstand über eine Impfung aufzuklären. Dazu gehöre eine individuell zugeschnittene Beratung. «Es geht darum, den Patienten zu einer selbständigen Entscheidung zu befähigen.»

Es gibt zunehmend Warnrufe aus der Ärzteschaft, die auf die Schattenseiten der einschränkenden Massnahmen aufmerksam machen. Es gibt Menschen, die sehr stark leiden.
Autor: Yvonne Gilli Präsidentin des Ärzteverbands FMH

Das Rezept der Medizinerin für den Weg aus der Krise: «Hoffnung, Ressourcen und das Wissen der Wissenschaft.» Dass Gilli das Wort «Hoffnung» herausstreicht, ist kein Zufall. Sie hat selbst im psychotherapeutischen Bereich gearbeitet und weiss um die fatalen Auswirkungen der Coronakrise.

Eine aktuelle Umfrage der Covid-Taskforce des Bundes zeigt, dass die Zahl der Menschen, die unter starken depressiven Symptomen leiden, im Vergleich mit dem ersten Shutdown stark gestiegen ist.

Junge leiden stark unter Shutdown

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Das Stressniveau ist in der Schweiz im Vergleich zum ersten Shutdown im April 2020 deutlich gestiegen, wie die jüngste Umfrage der wissenschaftlichen Covid-Taskforce des Bundes zeigt.

Während der Anteil der Befragten mit schwerer depressiver Symptomatik vor der Pandemie bei 3 Prozent lag, betrug er während des Shutdown im April 9 Prozent und während der teilweisen Lockerung im Mai 12 Prozent. Im November stieg er nun auf 18 Prozent an.

Am stärksten unter psychischen Problemen leiden gemäss der Studie junge Menschen, Personen, die infolge der Pandemie finanzielle Einbussen erlitten und Menschen in der Westschweiz, wo die zweite Pandemiewelle am stärksten war, wie die Taskforce mitteilte.

Gilli bestätigt das Verdikt aus der Praxis: «Es gibt zunehmend Warnrufe aus der Ärzteschaft, die auf die Schattenseiten der einschränkenden Massnahmen aufmerksam machen.»

Den Menschen müsse die Gewissheit vermittelt werden: Die Pandemie geht vorbei, und wir werden sie bewältigen. Es brauche in der Schweiz aber dringend mehr Psychiater, so Gilli. Besonders fehle es an Jugend-Psychiatern. Auch das sei eine Lehre aus der Pandemie.

Hier finden Sie Hilfe in der Coronazeit

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Corona beschäftigt uns alle. Unten finden Sie eine Liste mit Hotlines und Ratgebern rund um Corona.

BAG Infoline Coronavirus: 058 463 00 00 (täglich 6 bis 23 Uhr)

BAG Infoline Corona-Impfung: 058 377 88 92 (täglich 6 bis 23 Uhr)

Dureschnufe: Plattform für psychische Gesundheit rund um das neue Coronavirus

Angst und Panikhilfe Schweiz, Hotline: 0848 801 109 (10 bis 12 und 14 bis 17 Uhr)

Eltern-Notruf Schweiz, Hotline: 0848 35 45 55 (24x7)

Pro Juventute, Hotline für Kinder- und Jugendliche: 147 (24x7)

Schweizer Sorgen-Telefon: 143 (24x7)

Suchthilfe Schweiz: Hotline für Jugendliche im Lockdown 0800 104 104 (Di. bis Do. 9 bis 12 Uhr)

Branchenhilfe.ch: Ratgeberportal für Corona betroffene Wirtschaftszweige

Tagesgespräch vom 01.02.2021, 13 Uhr;

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