Mit dem Klimawandel verändern sich auch in der Schweiz die klimatischen Bedingungen – oder sie haben sich bereits verändert. Eine Veränderung: der Regen. Laut Meteo Schweiz gibt es heute deutlich mehr Starkniederschläge. Aber auch die trockenen Sommer haben zugenommen.
Wie umgehen also mit dem unberechenbaren Wetter? Auch die Landwirtschaft muss darauf eine Antwort finden. Eine Möglichkeit: Das Wasser auf den Feldern zurückhalten und ableiten, mit einem Netz aus fast unsichtbaren Gräben. Keylines nennen sie die Fachleute.
Höhenlinienwissen aus Australien
Erfunden wurden die Keylines, Schlüssellinien, in Australiens Landwirtschaft, von einem Ingenieur im Jahr 1954. Seine Pläne wurden während 15 Jahren mittels Experimenten getestet. Später wurde das System weiterentwickelt.
Die Keylines folgen den Höhenlinien und leiten das Wasser am Hang von Höhenlinie zu Höhenlinie. So können Erosion und Überschwemmungen einer Landwirtschaftsfläche vermieden werden.
Das Aargauer Projekt wird unter anderem von der ETH Zürich begleitet. Das Ziel sei klar, heisst es im Projektbeschrieb: «Es wird aufgezeigt, wie die Verfügbarkeit des Wassers verbessert, die Bodenqualität und die Biodiversität gefördert, die Landschaft aufgewertet wird». Zudem sollen die Keylines auch die Erträge verbessern.
Gezieltes Wassermanagement
«Eigentlich ist es nichts anderes als ein Graben entlang einer Höhenlinie mit ein bisschen Gefälle», sagt Umweltingenieur Philipp Schuppli. Er leitet im aargauischen Mandach ein Projekt für mehr Biodiversität, initiiert von der Gemeinde und dem Jurapark Aargau.
Dabei werden seit einigen Jahren Hecken und Hochstammbäume gepflanzt, Trockensteinmauern und Weiher gebaut. Auch das Erstellen von so genannten Keylines gehört dazu.
Keylines in Mandach – bei trockener Witterung kaum sichtbar
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Bild 1 von 4. Wer Keylines auf seinen Feldern wünscht, muss bei grösseren Projekten ein Baugesuch einreichen. Bildquelle: SRF/Stefan Ulrich.
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Bild 2 von 4. Dann wird das Gelände genau vermessen. Nur so wird klar, wo genau die Höhenlinien verlaufen. Bildquelle: SRF/Stefan Ulrich.
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Bild 3 von 4. Die Gräben müssen so gemacht sein, dass das Land weiterhin bewirtschaftet werden kann. Im Fall von Mandach weiden hier unter anderem Pferde. Bildquelle: SRF/Stefan Ulrich.
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Bild 4 von 4. Die Keylines werden bei Regen kurz zu kleinen Bächen. Bei trockener Witterung sehen die Schlüssellinien eher wie Trampelpfade aus. Bildquelle: SRF/Stefan Ulrich.
Zwei solche Gräben wurden bereits angelegt, auf dem Land von Maja Vogt. Das Hauptgeschäft der Ökolandwirtin sind Kräuter. Sie hält aber auch Pferde. Ihr Land ist sehr lehmig, das Wasser versickert schlecht. Bei starkem Regen läuft es über die Wiesen den Hang hinunter Richtung Dorf. Im schlimmsten Fall werden Keller geflutet. Kurz nach dem Regen ist es aber manchmal bereits wieder zu trocken.
Darum werden in Mandach die Keylines ausprobiert. Projektleiter Schuppli: «Damit kann Wasser zurückgehalten werden, sodass es auf den Ackerflächen keine weitere Erosion gibt. Das Wasser wird damit auch zu Weihern oder in Weideflächen der Pferde geleitet.»
Erste Auswertungen positiv
Wichtig dabei: Die Gräben müssen so angelegt sein, dass man das Land weiterhin maschinell bearbeiten kann. Das Terrain wird dazu genau vermessen. Die Keylines auf dem Land von Maja Vogt sind in einer Kräuterwiese und auf einer Pferdeweide, beide rund 20 bis 30 Zentimeter tief.
Wenn das Gras nicht gemäht ist, sind sie kaum zu sehen. Bei sehr viel Regen werden sie zu kleinen Bächen und führen das Wasser ab.
Es läuft nicht einfach alles in die Strasse.
Dass die Keylines funktionieren, hat die Bäuerin im Frühling erlebt: «Eine Stunde hat es heruntergegossen. Da bin ich aufs Feld und ich sah das Wasser laufen. Es läuft nicht einfach alles in die Strasse.»
Aus den beiden kurzen Keylines in Mandach soll deshalb ein ganzes System werden. Dafür ist ein Baugesuch nötig. Das muss nicht nur die Gemeinde prüfen. Auch kantonale Stellen müssen die Unterlagen genau unter die Lupe nehmen.