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Covid-Pandemie: Wo ist das Parlament und wo sollte es sein?
Aus Echo der Zeit vom 17.01.2021. Bild: Keystone
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Legitimation des Bundesrates Warum das Parlament in der Coronakrise mehr diskutieren sollte

Der Bundesrat gibt bei der Bewältigung der Coronakrise die Richtung und den Takt vor. Das Epidemiengesetz gibt ihm die Kompetenz, solche Entscheide zu fällen. Trotzdem stellt sich die Frage, ob nicht das Parlament eine viel wichtigere Rolle spielen müsste.

Es ist eine demokratische Grundsatzfrage: soll das Parlament, oder soll der Bundesrat die Richtung vorgeben bei der Bekämpfung des Coronavirus? Felix Uhlmann ist Staatsrechtler an der Universität Zürich und sagt: «Ich denke, dass der Bundesrat die schwächere Legitimation hat, solche weitreichenden Entscheide zu treffen im Vergleich zum Parlament. Deswegen schien es mir immer wichtig, dass das Parlament, soweit es möglich ist, bei diesen Fragen einbezogen wird.»

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Das Parlament in Zeiten von Corona
aus Tagesgespräch vom 08.09.2020. Bild: Keystone
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Aber in der Schweiz entscheidet der Bundesrat, das Parlament spielt praktisch keine Rolle. Obwohl es ganz grundsätzliche Fragen sind: «Diese fast unmögliche Abwägung der Inkaufnahme von möglicherweise mehr Toten gegenüber den massiven Einschränkungen des öffentlichen Lebens – das ist eine Entscheidung, bei der ich denke, dass nur das Parlament wirklich in der Lage ist, sie mit der nötigen Legitimation zu treffen», sagt Uhlmann.

Die Verfassung geht davon aus, dass wichtige Entscheide vom Parlament gefällt werden.
Autor: Felix Uhlmann Universität Zürich

Felix Uhlmann erwartet nicht, dass das Parlament im Wochenrhythmus über neue Massnahmen entscheidet. Wenn sich die Situation zuspitzt, müsse der Bundesrat schnell handeln können. Aber die Grundsatzfrage, ob die Schweiz eine liberale oder restriktive Linie fahren soll und damit mehr oder weniger Tote in Kauf nimmt, dürfe nicht einfach dem Bundesrat überlassen werden: «Grundsätzlich geht die Verfassung natürlich davon aus, dass, wenn es zeitlich möglich ist, die wichtigen Entscheidungen vom Parlament selbst gefällt werden.»

Bundesrat und Verwaltung wenig zugänglich

Auch sein Kollege von der Uni Basel, Staatsrechtsprofessor Markus Schefer, kritisiert, dass sich das Parlament bei den erwähnten zentralen Fragen verabschiedet hat: «Entsprechend sind Bundesrat und Verwaltung letztlich auf sich selbst gestellt und das sind Organe die nicht offen, transparent und demokratisch zugänglich funktionieren.»

Die Entscheide laufen Gefahr, von weiten Teilen der Bevölkerung nicht getragen zu werden.
Autor: Markus Schefer Universität Basel

Schefer und Uhlmann sehen darin das grosse Problem. Während beim Parlament Differenzen transparent ausdiskutiert werden, weiss beim Bundesrat – ohne Indiskretionen – niemand, welche Argumente auf dem Tisch lagen und wie er diese gewichtet hat: «Das bedeutet, dass die Entscheide Gefahr laufen, dass sie von weiten Teilen der Bevölkerung nicht getragen werden.»

Der Bundesrat in aktueller Besetzung.
Legende: Entscheidet nur der Bundesrat, fehle es an der nötigen öffentlichen Diskussion im Parlament, sagen die Staatsrechtler. Keystone

Mehr öffentliche Diskussion, mehr Legitimation

Damit keine Missverständnisse aufkommen: Die beiden Staatsrechtler werfen dem Bundesrat nicht vor, dass er seine Kompetenzen überschreitet; dieser handelt im Rahmen des Epidemiengesetzes. Es geht vielmehr um die Fragen, ob für die Legitimation und damit Akzeptanz der Entscheide zur Bekämpfung des Virus das Parlament nicht eine wichtigere Rolle spielen sollte; und wie das Parlament dies auch kurzfristig organisieren könnte:

«In einer Art und Weise, dass man innerhalb relativ kurzer Zeit nach einem bundesrätlichen Entscheid selber eine wohl informierte Meinungsbildung hätte durchführen können. Diese Mechanismen wollte man damals offenbar nicht ins Covid-Gesetz reinschreiben, deshalb haben wir sie heute nicht.»

Für die beiden Staatsrechtler ist also völlig klar, das Parlament muss eine wichtigere Rolle spielen; nur nahm dieses diese Verantwortung bis anhin nicht wahr.

Echo der Zeit, 17.1.21, 18 Uhr

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