Joggen durfte man auch während der Coronakrise jederzeit – ansonsten war im Sportbereich vieles nicht möglich. Ab heute ist wieder mehr erlaubt, Gewichte stemmen im Fitnessclub etwa, ein gemeinsames Ausdauertraining oder ein Vereinsturnier. Vorgeschrieben sind Schutzmassnahmen: Trainiert werden darf höchstens in 15er-Gruppen, in Innenräumen sind Masken und anderthalb Meter Abstand obligatorisch. Laut Swiss-Olympic-Präsident Jürg Stahl ist das machbar.
SRF News: Trotz der neuen Möglichkeiten ab heute ist bei den Sportvereinen nicht der ganz grosse Jubel ausgebrochen. Warum?
Jürg Stahl: Es ist eine grosse Verantwortung, die die Vereine übernehmen müssen. Und da ist ein Freudentanz wahrscheinlich falsch. Es ist ein wichtiger Schritt in Richtung Normalität. Aber es ist natürlich noch weit entfernt von dem, was wir uns als Breitensportler, als Vereinssportler, gewohnt sind.
Das Ausüben einiger Teamsportarten ist wieder möglich. Was heisst das?
An erster Stelle steht, dass der Vereinssport, ein Ort, der auch eine ein Stück Heimat bedeutet für die Mitglieder, wiederbelebt wird. Man kann wieder etwas tun, man kann draussen trainieren, kann Beweglichkeits- und Techniktraining machen, man kann sich treffen. Der Ort, an dem Bewegung stattfindet, beginnt heute wieder zu pulsieren. Das steht im Vordergrund.
Der Ort, an dem Bewegung stattfindet, beginnt heute wieder zu pulsieren.
Aber es braucht auch Achtsamkeit. Denn im Breitensport gehen die Leute am nächsten Tag wieder einer Arbeit nach, gehen in die Familien zurück. Hier sind wir in der Verantwortung, dass man kein zu hohes Infektionsrisiko eingeht.
Was bedeuten die Lockerungen fürs Vereinsleben abseits vom Training?
Ich bin überzeugt, dass der Verein mehr ist als einzig Bewegung oder Wettkampf. Er bietet eine Durchlässigkeit der Generationen, er bietet auch die Möglichkeit, sich zu treffen. Das hat uns allen gefehlt. Man kann zwar technisch gut über die Runden kommen. Es gibt aber auch sehr viele Menschen, die überhaupt nicht mehr arbeiten konnten.
Das schlägt aufs Gemüt. Der Verein bietet gerade in dieser Zeit, und auch schon vor Covid, eine Heimat, um sich zu treffen, sich auszutauschen, seine Erlebnisse mit Freunden und Freundinnen zu teilen. Diesen Wert der Vereine haben wahrscheinlich viele erst erkannt, als man das nicht mehr tun durfte.
Die Sportvereine brauchen jetzt Schutzkonzepte. Kann man mehr oder weniger jene vom vergangenen Sommer aus der Schublade ziehen?
Wir haben den Vorteil, dass wir letztes Frühjahr über 250 Schutzkonzepte zusammen mit dem Bundesamt für Gesundheit, dem Bundesamt für Sport und mit Swiss Olympic plausibilisieren konnten. Wir konnten sie anwenden.
Der Sport gilt nicht als Treiber der Infektion oder der Pandemie.
Wir hatten keinerlei Vorfälle. Und das macht zuversichtlich. Wir wissen, sie sind akzeptiert, sie sind verständlich. Von dem her haben wir nur kleine Anpassungen machen müssen. Und ein Learning aus dem letzten Jahr ist: Der Sport gilt nicht als Treiber der Infektion oder der Pandemie. Das verpflichtet uns aber umso mehr, hier achtsam und konsequent zu sein. Zuerst Bewegung, Wettkämpfe, nachher Zuschauer – das ist wohl ein guter Weg.
Das Gespräch führte Isabelle Maissen.