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Lockerungen und Teilöffnungen Hoffnung bei kleinen Bühnen – Ernüchterung bei den grossen Events

Die aktuelle Frage in der Pandemie lautet: Noch mehr öffnen oder nicht noch mehr öffnen? Einige Kantone wollen vor allem betreffend Lockerungen im Kulturbereich weiter gehen als der Bundesrat, der am Freitag entscheidet.

Aber die geplanten Öffnungen sind selbst bei den Kulturveranstaltern umstritten: Während sich vor allem kleine Bühnen über ein kleines Publikum freuen, sind Grossveranstalter von den Öffnungsabsichten wenig begeistert.

50 Besucher in der Postremise Chur

Hinsichtlich einer möglichen Wiedereröffnung bereiten sich Kulturbetriebe schon mal vor, wie etwa die Postremise in Chur. «Ovid-19» heisst das Stück, das auf die Bühne gebracht werden soll. Das Wortspiel passt zum kreativen Umgang, mit dem man die Covid-19-Pandemie überstehen will.

Die musikalische Performance «Ovid-19» zu Texten des antiken römischen Dichters Ovid und des Zukunftsforschers Matthias Horx kommt zwar nicht vor Ende Jahr auf die Bühne. Doch eine Wiedereröffnung der Postremise soll keine Zukunftsmusik sein. Das Programm steht und ab dem 6. April soll sich das ehemalige Postkutschen-Parkhaus wieder mit kulturellem Leben und Publikum füllen.

Schauspieler Nikolaus Schmid sitzt auch im Leitungsteam der Postremise und sagt: «Für uns wäre es attraktiv, wenn Kulturlokale ab dem 22. März wieder öffnen könnten. Wir haben 120 Plätze. Mit einer 50er-Regel könnten wir gut umgehen. Damit haben wir schon in der letzten Öffnungsphase gearbeitet.»

Für Grossveranstalter lohnt der Aufwand nicht

Aber viel weniger attraktiv ist die vom Bundesrat vorgeschlagene 50-Personen-Regel für grosse Kulturveranstalter. Im Musiksaal des Stadtcasinos Basel mit 1400 Plätzen würde man nach einer Sanierung im vergangenen Jahr eigentlich gerne wieder Besucher empfangen. Aber: «Bis auf Weiteres finden leider keine Konzerte statt», heisst es in der Programmvorschau über der Liste der durchgestrichenen und verschobenen Konzerte.

Für 50 Personen lohne sich der ganze Aufwand schlichtweg nicht, um als komplett privat finanzierter Veranstalter rentabel zu arbeiten, sagt Thomas Dürr, Geschäftsführer von Act Entertainment, der im Stadtcasino Konzerte veranstaltet.

Auch wenn der Bundesrat damit ein positives Signal aussende und es ein Schritt in die richtige Richtung wäre – Dürr vermisst bei den Massnahmen die Verhältnismässigkeit: «Ein Flugzeug kann zu 100 Prozent gefüllt werden mit 200 bis 300 Leuten. Und hier in einem Konzertsaal, wo 1300 Leute reingehen, lässt man nur 50 zu.»

Unverständnis in der Kulturszene

Anfang Jahr haben mehrere Kulturinstitutionen aus Basel in einem Konzept gefordert, man solle sich bei der Grösse des zugelassenen Publikums an der Grösse und an der technischen Infrastruktur der Veranstaltungsorte orientieren. Dass man beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) bisher kein Gehör dafür gefunden hat, stösst in der Kulturszene auf Unverständnis.

Auch ausserhalb von Basel wehrt sich beispielsweise Sandra Künzi von der Arbeitsgruppe Task Force Culture gegen starre Grenzen wie die 50-Personen-Regel: «Es gibt so viele verschiedene Arten und Orte von Veranstaltungen, dass es dynamische Lösungen braucht.»

Die Sehnsucht nach Auftritten und Publikum ist gross bei den Schweizer Kulturlokalen. Realistisch sein dürfte das vorerst aber nur bei den kleinen Bühnen – falls sich der Bundesrat zu Öffnungen ab dem 22. März durchringt.

10vor10, 16.03.2021, 21:50 Uhr ; 

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