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Maskenpflicht bei Behinderten «Trägt jemand keine Maske, hat er sicher einen guten Grund dafür»

Laut der Verordnung des Bundes sind Personen, die aus besonderen Gründen, insbesondere medizinischen, keine Maske tragen können, von der Maskenpflicht im ÖV ausgenommen. Wer davon betroffen ist und warum, erklärt Marc Moser, Kommunikationschef von Inclusion Handicap.

Marc Moser

Kommunikationsverantwortlicher bei Inclusion Handicap

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Inclusion Handicap ist der Dachverband der Schweizerischen Behindertenorganisationen. Er setzt sich für eine Gesellschaft ein, die allen Menschen eine Teilnahme am gesellschaftlichen Leben garantiert.

SRF News: Wer ist von der Maskenpflicht ausgenommen?

Marc Moser: Es gibt verschiedene Gründe, wann jemand von der Maskenpflicht befreit ist. Insbesondere, wenn es nicht möglich ist, die Maske an- oder auszuziehen, bei motorischen Einschränkungen wie einer Muskelkrankheit oder einer Tetraplegie.

So hat der Bund die Maskenpflicht bei Behinderung geregelt:

Weiter gibt es Leute, die Atemprobleme oder Gesichtsverletzungen haben. Dazu kommen Personen, die sich gar einer Gefahr aussetzen, wenn sie eine Maske tragen, beispielsweise, wenn jemand einen epileptischen Anfall hat und zu ersticken droht. Und es gibt Menschen mit Autismus, für die es eine grosse Herausforderung ist, so eine Maske zu tragen.

Wenn für manche Leute die Maskenpflicht nicht gilt: Wie sollen die anderen damit umgehen?

Letztlich geht es hier um den gesunden Menschenverstand, um die Solidarität mit den Menschen. Es gibt kein Allgemeinrezept, wie man damit umgehen soll. Wichtig ist sich, dass man weiterhin solidarisch ist und daran denkt: Wenn jemand keine Maske hat, dann hat er oder sie sicher einen guten Grund dafür.

Wenn jemand keine Maske trägt, sollte man sich Gedanken machen, warum, und keine bösen Blicke verteilen.

Man kann davon ausgehen, dass jeder und jede im ÖV eine Maske tragen muss, und wenn jemand keine trägt, sollte man sich Gedanken machen, warum, und keine bösen Blicke verteilen. Im Zweifelsfall kann man vorurteilsfrei und freundlich nachfragen.

Was empfehlen Sie den Betroffenen, die zum Beispiel unter Epilepsie leiden und die keine Maske tragen können?

Auch für sie gilt letztlich dasselbe. Sie sind exponiert, und sie können das Gespräch suchen, wenn sie böse Blicke auf sich ziehen. Theoretisch können sie ein medizinisches Attest mitnehmen, das die gesundheitliche Beeinträchtigung bestätigt. Doch die Menschen haben verschiedene Persönlichkeiten, das gilt auch für Menschen mit Behinderungen und nicht jeder geht gleich damit um.

Wie werden Zugbegleiter oder Busfahrer auf diese Thematik sensibilisiert?

Wir haben die Transportunternehmen informiert. Wir hoffen, dass sie ihren Teil dazu beitragen, dass es keine Missverständnisse gibt.

Ich bin optimistisch, dass die Solidarität, die wir in den letzten Monaten gesehen haben, auch in diesem Bereich spielt.

Einerseits sollen Menschen mit einer Behinderung nicht stigmatisiert werden, andererseits sind manche von der Maskenpflicht ausgenommen. Ist das nicht eine Gratwanderung?

Ja, das ist eine Gratwanderung, und wir sind hier in einer neuen Situation, denn die Maskenpflicht ist neu für alle. Das gilt für Menschen mit und ohne Behinderung. Ich bin optimistisch, dass die Solidarität, die wir in den letzten Monaten gesehen haben, auch in diesem Bereich spielt.

Das Gespräch führte Susanne Stöckl.

SRF 4 News; 06.07.2020; 06:40 Uhr ; 

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