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Massnahmen gegen Covid-19 Vergleich mit Österreich: Schweiz glaubt an eigenen Corona-Weg

Österreich wählt einen kurzen Lockdown. In der Schweiz hingegen ist man sich einig: Eine Abriegelung führt nicht zum Ziel, könnte die Situation sogar verschlimmern.

Es geht um viel: Um die Wintersaison, um Weihnachten. Darum ergreift Österreich harte Massnahmen, um gegen die hohen Fallzahlen anzugehen. Es gilt wieder Lockdown: Raus darf man nur für wichtige Erledigungen oder zur «körperlichen und geistigen Erholung».

Retten, was noch zu retten ist

Die österreichische Wirtschaft akzeptiert den Lockdown zwar zähneknirschend, jedoch ist die Enttäuschung gerade im Handel zu spüren, der das Weihnachtsgeschäft nun teilweise ins Internet verlegen muss. Es sei bedauerlich, sagt Eva Voit, die Marketingleiterin vom Messepark Dornbirn. «Der Handel hat sich gerüstet, und dann kommt der Lockdown, das ist natürlich bitter.»

Auch in der Tourismusbranche erwartet man keine normale Wintersaison – obwohl man gerade ihretwegen die Massnahmen ergreift. Der Direktor der Wirtschaftskammer Vorarlberg, Christoph Jenny: «Es geht jetzt wirklich darum, mit diesem Lockdown zu retten, was noch zu retten ist.»

Unterschiedliche Entwicklung der Fallzahlen

Die Infektionszahlen in Österreich sind vor allem in den letzten zwei Wochen in die Höhe geschossen. Nun will die Regierung mithilfe des Lockdowns die Reissleine ziehen.

Ganz anders in der Schweiz. Die Fallzahlen der beiden Länder verliefen zwar für lange Zeit in etwa auf gleicher Höhe. In den letzten 14 Tagen verzeichneten die Nachbarländer um die 1000 Neuinfektionen auf 100'000 Einwohner. Der Unterschied: In Österreich zeigt der Trend momentan nach oben, in der Schweiz langsam nach unten.

Den Jo-Jo-Effekt verhindern

Ist die Schweiz auf dem richtigen Weg, einen Lockdown zu umgehen und trotzdem die Fallzahlen in den Griff zu bekommen? Rudolf Minsch, Chefökonom von Economiesuisse ist davon überzeugt. Der Bundesrat habe «die richtige Stossrichtung» gewählt. Ein Lockdown ist seiner Meinung nach in der Coronabekämpfung sogar kontraproduktiv: «Er würde nur für Unmut sorgen und schlimmstenfalls zur Folge haben, dass sich die Leute gar nicht mehr an die Massnahmen halten», so Minsch. Zudem drohe nach Ende eines Lockdowns ein Jo-Jo-Effekt. Die Menschen tun all dies, was sie für längere Zeit nicht mehr durften: Leute treffen, feiern. Ein «Kompensationsbedürfnis» nennt es Minsch.

Auch Virginie Masserey vom Bundesamt für Gesundheit hält den Jo-Jo-Effekt für plausibel: Man könne zwar mit einem Lockdown, wie er in Österreich durchgeführt wird, die Fallzahlen massiv reduzieren. «Man riskiert aber, dass die Epidemie wieder zurückkehrt, sobald man ihn wieder öffnet. Denn das Virus ist nicht verschwunden, das ist immer noch da.»

Sowohl der Wirtschaftsverband als auch die Regierung ist vom Schweizer Weg überzeugt, solange die Massnahmen auch konsequent von der Bevölkerung umgesetzt werden. Die nächsten Wochen werden zeigen, ob die sinkenden Zahlen nur ein temporäres Phänomen sind oder die Massnahmen nachhaltig zu greifen vermögen.

10v10 vom 17.11.2020

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