Ein dänischer Zoo bittet um Haustierspenden. Pferde, Kaninchen oder Meerschweinchen sollen an Raubtiere verfüttert werden. Zuvor werden die gespendeten Tiere getötet. Die diesbezügliche Situation im Berner Tierpark kennt Stefan Hoby, Tierarzt des Berner Zoos.
SRF News: Kann man sich einen Aufruf wie in Dänemark auch in Bern vorstellen?
Stefan Hoby: Bei uns ist das nicht geplant. Wir haben zwar regelmässig Anfragen für Platzierungen von Tieren. Dabei handelt es sich um Wildtiere, Findeltiere oder auch Futtertiere. Für Wildtiere ist die Wildhut zuständig. Doch wenn es um exotische Findeltiere geht, versuchen wir, sie zumindest vorübergehend unterzubringen. Futtertiere – etwa Mäuse oder Ratten – töten wir und verfüttern sie dann an unsere Raubtiere – sofern sie medikamentös unbehandelt und gesund sind.
Beim dänischen Zoo gibt es auch Kritik: Das sei makaber und zeige eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber den Haustieren. Was sagen Sie zu solchen Argumenten?
Wir sehen uns eher als Dienstleister, wenn wir von der Bevölkerung überzählige Tiere übernehmen. Oft haben die Leute ja Probleme, diese Tiere weiterzugeben. In diesen Fällen ist es bei Futtertieren eine sinnvolle Verwendung, wenn man sie fachgerecht tötet und verfüttert.
Unsere Aufgabe als Zoo ist es, natürliche Kreisläufe zu erklären und zu vermitteln.
Wir Menschen entfernen uns immer mehr von natürlichen Kreisläufen. Darum ist es verständlich, dass es kritische Stimmen in der Bevölkerung gibt. Doch unsere Aufgabe als Zoo ist es gerade auch, natürliche Kreisläufe zu erklären und zu vermitteln.
Was sagt uns die oft auch scharf geführte Diskussion über die Wahrnehmung von Tieren?
Einerseits beobachten wir «herzige» Tiere, andererseits landen die Tiere als Wurst auf unserem Teller. Dann machen wir uns auch keine Gedanken über das Tier hinter der Wurst. Diese Diskrepanz hängt mit der Entfremdung des Menschen von der Natur zusammen. Als Zoo haben wir da eine Vermittlerrolle.
Es ist wichtig, dass ein Wolf ein ganzes Reh fressen kann und nicht bloss Büchsenfutter.
Wie nehmen Sie diese Vermittlerrolle konkret wahr?
Wir verfüttern etwa Fallwild – also beispielsweise Rehe, die gestorben sind – an unsere Raubtiere und kommentieren das auch entsprechend gegenüber den Besucherinnen und Besuchern. Wir erklären, warum es wichtig ist, dass ein Wolf ein ganzes Reh fressen kann und nicht bloss Büchsenfutter. Wenn wir eine Wildkatze mit einem Huhn füttern, erklären wir, dass es wichtig ist, dass die Katze das Huhn rupfen muss und damit auch eine Weile beschäftigt ist. Auch ist das dann vollwertiges Futter für das Wildtier.
Wie reagiert das Publikum auf solche Fütterungen?
Meist sind die Rückmeldungen positiv. Die Leute verstehen, dass das ein natürlicher Vorgang ist.
Das Gespräch führte Kathrin Hiss.