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Mietern für Asylheim gekündigt Windisch: Worum es beim Streit um die Asylunterkunft geht

In Windisch (AG) wurde 49 Personen ihre Wohnung gekündigt. In den drei betroffenen Häusern will der Kanton anschliessend vorübergehend Flüchtlinge unterbringen. Das sind die wichtigsten Fragen und Antworten zum emotionalen Streit in der Aargauer Gemeinde.

Um was geht es? Anfang Woche machte die Aargauer Gemeinde Windisch bei Brugg publik, dass in der Gemeinde 49 Personen ihre Wohnungen verlassen müssen. Dies, weil laut Gemeinde der Kanton Aargau drei Liegenschaften künftig als Flüchtlingsunterkunft verwenden wolle. Der Fall wirft aktuell hohe Wellen und wird in Politik und sozialen Medien sehr emotional diskutiert.

Unklar ist im ganzen Streit aktuell, wer wann was entschieden hat im Zusammenhang mit einer möglichen Umnutzung der Gebäude zur Asylunterkunft. Gesichert ist, dass alle Mietparteien vom privaten Besitzer der Liegenschaften per Ende Juni die Kündigung ihrer Wohnung erhalten haben.

Warum schlägt der Fall so hohe Wellen? In Politik und Bevölkerung ist das Unverständnis und die Empörung gross. Parteien von links bis rechts und verschiedene Verbände üben zum Teil sehr heftige Kritik am Kanton Aargau. Daneben entbrannte in sozialen Medien eine hitzig geführte Diskussion. Aufgenommen hat das Thema unter anderem die Aargauer SVP, sie spricht in einer Stellungnahme von einer «Vertreibung von Mietern» zugunsten von Asylsuchenden.

Schelte für die Aargauer Regierung kommt aber auch von links. Die kantonale SP findet es «inakzeptabel, dass Menschen in Notlagen gegeneinander ausgespielt werden». Die FDP kritisiert zusätzlich die Kommunikation des Kantons und ortet ein «kommunikatives Versagen». Und der Verband Netzwerk Asyl Aargau, der sich für Anliegen von Geflüchteten einsetzt, spricht im Fall Windisch von einer «brandgefährlichen Scheinlösung» und wirft dem Kanton vor, die Suche nach Asylunterkünften verschlafen zu haben. Weil Unverständnis und Empörung sehr breit und die Gründe dafür vielfältig sind, schlägt der Fall darum sehr hohe Wellen.

Asylnotstand im Aargau

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Die Aargauer Regierung hat im Januar offiziell die Asylnotlage ausgerufen , weil man sonst nicht mehr schnell genug weitere Unterkünfte für die anhaltend hohe Zahl an Flüchtlingen bereitstellen könne. Durch die Ausrufung der Notlage erhält die Regierung erweiterte Kompetenzen bei der Bereitstellung von Asylunterkünften.

Im Januar wurde betont, dass zunächst unterirdische Grossunterkünfte für Asylsuchende geöffnet werden sollen. Geschehen ist dies beispielsweise bereits in Muri oder Birmenstorf, wo Zivilschutzanlagen als Unterkunft dienen. Die Eröffnung weiterer ähnlicher Anlagen ist bereits in Planung.

Die offizielle Notlage würde es dem Kanton Aargau im äussersten Fall erlauben, Private oder Gemeinden zu zwingen, ihre Gebäude für eine Asylunterkunft zur Verfügung zu stellen.

Wer hat was, wann entschieden? Dieser Punkt ist aktuell nicht ganz klar. Die drei betreffenden Liegenschaften in Windisch gehören einer privaten Immobilienfirma. Gegenüber SRF bedauert diese den negativen Wirbel, der aktuell im Gang ist und betont, es gebe schon länger Pläne für einen Abriss der Häuser und einen anschliessenden Neubau, dies sei der Grund für die Kündigungen und nicht die geplante Umnutzung als Asylunterkunft. Der Kanton habe aber in diesem Zusammenhang die Eigentümerschaft kontaktiert, ob man das Gebäude übergangsweise bis zum Abriss als Flüchtlingsunterkunft nutzen könne.

Auch wenn noch kein konkretes Projekt für einen Neubau vorliegt, hat die Eigentümerschaft den Mieterinnen und Mietern per Ende Juni gekündigt. Unklar ist allerdings, ob der Kanton die Umnutzung allenfalls forciert hat, ob er bereits Mietverträge unterzeichnet hat oder inwieweit ihm klar war, dass bisherige Mieterinnen und Mieter für die Asylunterkunft ausziehen müssen. Der Kanton Aargau hat sich bisher nicht zur Angelegenheit geäussert, man wolle zuerst das direkte Gespräch mit der Gemeinde suchen, heisst es auf Anfrage.

Sind die Kündigungen rechtlich korrekt?

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Auf Anfrage von SRF sagt eine Mietrechtsexpertin der Uni Zürich, dass solche Kündigungen grundsätzlich erlaubt seien im Schweizer Mietrecht und im vorliegenden Fall sei wohl aus formaler Sicht auch alles korrekt gelaufen. Die Mieterinnen und Mieter hätten nun die ordentliche Möglichkeit, die Kündigung anzufechten oder eine Mieterstreckung zu verlangen. Dabei werde insbesondere auch die finanzielle Lage der Mieterschaft berücksichtigt und die Chancen gleichwertigen Wohnraum zu finden.

Wie geht es weiter? Aktuell laufen Gespräche zwischen Kanton, Gemeinde, Mieterschaft und Hauseigentümer. Am Mittwochabend findet eine nicht öffentliche Info-Veranstaltung für die Mieterinnen und Mieter statt. Das Aargauer Sozialdepartement unter der Leitung des SVP-Regierungsrates Jean-Pierre Gallati hat zudem Informationen zum weiteren Vorgehen angekündigt, sobald man sich mit der Gemeinde Windisch ausgetauscht habe.

Regionaljournal Aargau Solothurn 01.03.23, 06:31 Uhr ; 

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