Zum Inhalt springen

Missbrauch von Covid-Kredit Nutzniesser der Pandemie: Corona-Betrüger wird verurteilt

  • Ein 30-jähriger Zürcher hat zu Unrecht einen Covid-Kredit in der Höhe von 80'000 Franken bezogen.
  • Das Bezirksgericht Dietikon hat den Unternehmer zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 12 Monaten und einer Geldbusse verurteilt.
  • Es ist das erste solche Gerichtsurteil im Kanton Zürich und eines der ersten der Schweiz.

Im letzten Frühling hatte der junge Zürcher den Nothilfe-Kredit des Bundes bei seiner Bank beantragt. Dabei hatte der Inhaber einer Gebäudetechnikfirma einen viel zu hohen Umsatz von 800'000 Franken angegeben.

Das müssen Sie über die Covid-Kredite wissen:

Box aufklappen Box zuklappen
Banknoten
Legende: Keystone
  • Was sind Covid-19-Kredite? Im Frühling 2020 stellte der Bund ein millionenschweres Hilfspaket für Firmen in Not parat. Unternehmen konnten bei ihrer Bank zwischen März und Juli zinslose Kredite beantragen. Der Bund übernimmt die Bürgschaft, wenn jemand seinen Kredit nicht innert fünf Jahren zurückbezahlen kann. Nicht zu verwechseln sind diese Corona-Kredite des Bundes mit dem Geld für Härtefälle.
  • Wozu durften Firmen die Kredite verwenden? Dank dem Betrag sollten die Unternehmen ihre Fixkosten bezahlen können. Andere Zwecke als die Sicherstellung der Liquidität wurden vom Bund ausgeschlossen.
  • Wie viel Geld erhielt eine einzelne Firma? Die Kreditsumme durfte nicht höher sein als zehn Prozent des Umsatzes. Ein Unternehmen konnte maximal 500'000 Franken beantragen.
  • Wie kamen die Firmen an den Kredit? Für das Geld mussten die Firmen ein Formular ausfüllen und ihren Jahresumsatz angeben. Sie konnten das Geld bei ihrer Hausbank beantragen.

Die Staatsanwaltschaft warf dem Unternehmer Betrug und Urkundenfälschung vor: Gemäss Anklageschrift hatte der Mann lediglich 15'000 Franken Umsatz pro Jahr erzielt. Seine Angaben seien «erstunken» und «erlogen» gewesen, argumentierte die Staatsanwältin.

Der Angeklagte habe den ergaunerten Kredit weiter nicht in sein Unternehmen gesteckt. Sondern private Schulden, Betreibungen und Krankenkassenprämien bezahlt. Die Staatsanwaltschaft forderte deshalb eine bedingte Freiheitsstrafe von einem Jahr.

Missbrauch laut Richter «zutiefst asozial»

Der Angeklagte stritt vor Gericht nicht ab, den Kredit erschwindelt zu haben. Damit habe er seine Firma retten wollen: Er sei so stark verschuldet gewesen, dass er sogar gehungert habe. Heute bereue er seine Tat. Der Verteidiger plädierte darauf, seinen Mandanten vom Vorwurf des Betruges und der Urkundenfälschung freizusprechen. Die Bank hätte die Falschangaben ganz einfach überprüfen können.

Dieser Argumentation folgte das Gericht nicht: Es verurteilte den Mann zu einer bedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr. Zusätzlich kassierte er eine Busse von 2000 Franken und muss den Kredit fast vollumfänglich zurückzahlen. Der Richter hielt fest, der Angeklagte habe eine Krisensituation ausgenutzt, der Missbrauch sei «zutiefst asozial». Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Schweizweit nicht der einzige Fall

Bei dem Prozess handelte es sich um den ersten Covid-Kreditbetrug, über den sich ein Zürcher Gericht beugte. In Luzern wurde kürzlich ein 35-jähriger Bauunternehmer in einer ähnlichen Causa verurteilt: Er kassierte eine Gefängnisstrafe, weil er unrechtmässig einen Covid-Kredit ergaunert hatte.

Luzerner Covid-Kreditbetrüger: Urteil mit Signalwirkung

Box aufklappen Box zuklappen

Ende März 2021 verurteilte das Luzerner Kriminalgericht einen Bauunternehmer wegen Betruges, Urkundenfälschung und mehrfacher ungetreuer Geschäftsbesorgung. Der Mann hatte zu Unrecht einen Covid-Kredit von 110'000 Franken bezogen.

Laut Gericht hat der Mann eine Notlage der Gesellschaft ausgenutzt, um sich zu bereichern. Die Richter verurteilten ihn zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten. Zehn Monate muss er ins Gefängnis, für den Rest gilt eine Probezeit. Das Urteil war das erste dieser Art in der Deutschschweiz und hatte Signalwirkung.

Weitere Gerichtsfälle dürften bald zu reden geben: Allein im Kanton Zürich ermitteln Staatsanwaltschaft und Polizei in über 250 Missbrauchsfällen. Die Staatsanwaltschaft schreibt auf Anfrage von SRF, die Ermittlungen seien aufwändig: «Die Zürcher Strafverfolger investieren viel Energie und Ressourcen in die Bekämpfung dieses Kriminalitätsphänomen.»

Die mutmassliche Deliktsumme liegt im Kanton Zürich bei 42 Millionen Franken. Dieser Betrag entspricht 1.5 Prozent des Kreditvolumens, welches insgesamt an Zürcher Firmen geflossen ist.

Ermittlungen laufen schweizweit

Box aufklappen Box zuklappen
Eine Polizistin vor ihrem Auto
Legende: Keystone

Gegenüber SRF bestätigen die angefragten Kantone St. Gallen, Zürich, Basel-Stadt, Bern, Luzern und Schaffhausen allesamt laufende Ermittlungen. «Zahlreiche Verfahren sind immer noch in Bearbeitung», heisst es etwa auf Anfrage bei der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt.

Wie die nicht-repräsentative Umfrage zeigt, ist es aber in vielen Kantonen schon zu Verurteilungen per Strafbefehl gekommen. So wurden im Kanton Luzern gemäss der letzten Erhebung rund 13 Strafbefehle ausgestellt. Im Kanton Aargau wurde auf diese Art beispielsweise ein Wirte-Ehepaar gebüsst, welches einen zu hohen Umsatz angegeben hatte.

Die Kantone wie Basel-Stadt, Aargau und Luzern verweisen aber darauf, dass gewisse Verfahren auch bereits wieder eingestellt worden sind.

In einem ähnlichen Verhältnis stehen die Kredit-Missbrauchsfälle in St. Gallen: Insgesamt wurden Kredite in der Höhe von 786 Millionen Franken an St. Galler Firmen vergeben – rund 3.4 Millionen Franken könnten mutmasslich an Betrügerinnen oder Betrüger geflossen sein. Die Staatsanwaltschaft beschreibt diese Summe gemessen am gesamthaft ausbezahlten Kreditvolumen als «Bruchteil».

Dennoch sei jeder Betrugsfall einer zu viel, heisst es auf Anfrage: Die Betrügerinnen und Betrüger «schaffen so ein allgemeines Misstrauen gegenüber Personen, die einen Kredit beziehen».

SRF 1, Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 26.04.2021, 17.30 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel