Die Fussball-EM der Frauen soll Spuren hinterlassen – und zwar langfristig. Das haben sich die Verantwortlichen des Kantons Bern vorgenommen. Ihr Ziel: den Frauenfussball fördern. Dies geschieht unter anderem mit zwölf mobilen Kunstrasenfeldern, die der Kanton den Gemeinden gratis zur Verfügung stellt.
Elf Rasenrollen für ein Feld
Das erste ist bereits ausgerollt: auf einem roten Hartplatz im Holenacker-Quartier im Westen Berns. Weil sich dieser Hartplatz auf einer Auto-Einstellhalle befindet, brauchte es einen Kran-Lastwagen, um den Rasen dorthin zu verfrachten. Auf dem Platz dann wurden die einzelnen Rasenrollen – insgesamt elf – von Hand verleimt.
Ein aufwändiges Vorgehen, auch wenn das Kunstrasenfeld letztlich nur ein Drittel so gross ist wie ein normales Fussballfeld. «Eine einzelne Rasenrolle ist vier Meter breit und hat ein Gewicht von rund 700 Kilo», sagt Kaspar Sgier von der Firma Bächler und Güttinger, die den Rasen verlegt hat. «Das ist eine schwergewichtige Angelegenheit.»
Warum sich der Aufwand lohnt, erklärt Regierungsrat Philipp Müller, der bei der Platzeinweihung dabei war, so: «Die Idee ist, dass die Kinder nicht auf einem harten Platz spielen müssen und auch im Winter einen Rasen zur Verfügung haben – dann, wenn viele Naturrasen gesperrt sind.»
Gemeinden müssen Kriterien erfüllen
Interessierte Gemeinden mussten sich im Vorfeld beim Kanton bewerben. Anfragen habe es viele gegeben, sagt Sophie Mounir vom bernischen Kompetenzzentrum für Sport. Aber viele Gemeinden seien bereits vor der Vergabe ausgeschieden, weil sie die Kriterien nicht erfüllt haben. «Der Platz muss zum Beispiel für die Öffentlichkeit zugänglich und mit dem ÖV erreichbar sein.»
Den Zuschlag erhielten letztlich Bern und Köniz mit je zwei Feldern. Die restlichen wurden im ganzen Kanton verteilt – vom Berner Oberland über das Emmental bis in den Berner Jura. 850'000 Franken kosten die Kunstrasenfelder den Kanton Bern. Wie und mit wem die Gemeinden den Aufbau organisieren, entscheiden sie selbst. Ebenso, wo sie die Rasenrollen lagern, wenn sie nicht gebraucht werden.
Die Gemeinden müssen Rechenschaft ablegen, wie viel mehr Mädchensport diese Rasenfelder ermöglichen.
Stellt sich die Frage: Wie will der Kanton mit diesen mobilen Rasenfeldern explizit den Frauenfussball fördern? Sophie Mounir erklärt: «Die Gemeinden müssen uns während drei Jahren Rechenschaft darüber ablegen, wie viel mehr Mädchensport diese Rasenfelder ermöglichen.»
Stadt Bern fehlen tausende Trainingsstunden
Bei der Stadt Bern ist das Sportamt dafür verantwortlich, dass die Auflagen erfüllt werden. Mädchen könnten etwa gezielt gefördert werden, indem sie bei der Vergabe von Trainingszeiten auf dem Kunstrasenfeld bevorzugt würden, erklärt Philippe Luginbühl vom Sportamt.
Aber: «Letztlich geht es darum, dass Mädchen und Buben überhaupt die Möglichkeit haben, sich zu bewegen.» Der Stadt Bern fehlen pro Jahr rund 12'000 Stunden an Trainingszeit. Das Kunstrasenfeld im Holenacker-Quartier bringe gegen 1000 Stunden – «das ist ein grosser Mehrwert.»
Auch die Geschäftsführerin der YB-Frauen, Franziska Schild, ist vom Nutzen der mobilen Rasenfelder überzeugt: «Viel mehr Mädchen und Buben erhalten dadurch die Möglichkeit, in der Freizeit Fussball zu spielen.» Und dies komme wiederum dem Club zugute – wenn der Nachwuchs dereinst auf dem grossen Kunstrasen im YB-Stadion spielt.