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Nach der Wahlniederlage SVP zwischen Resignation und Zweckoptimismus

Die Parteiversammlung der SVP Zürich machte gestern Abend deutlich, wie tief die Partei in der Krise steckt. Die Delegierten suchten nach Antworten auf die Frage, was zu den massiven Verlusten in den kantonalen Wahlen geführt hat – und sie fanden keine.

Die Parteibasis schwankt zwischen Resignation, Unsicherheit und Zweckoptimismus: Soll die SVP für die nationalen Wahlen weiter auf Europa und Migration setzen oder braucht es neue Themen, soll sie gar auf der Grünen Welle mitreiten?

Nationalrat Roger Köppel an der Delegiertenversammlung der SVP Zürich.
Legende: Die SVP Kanton Zürich hat Roger Köppel als Ständeratskandidaten nominiert. Keystone

Roger Köppel soll für die SVP einen Zürcher Ständeratssitz erobern. Die Nomination war für die Delegierten eine klare Sache.

Wenn es um den Zustand ihrer Partei geht, sehen die SVP-Mitglieder aber gar nicht mehr klar. «Es beeindruckt einem selber, was hier eigentlich abgeht und man immer verliert. Was macht man falsch?», sagt SVP-Mann Eduard Willi resigniert.

Zu viel in der Komfortzone verharrt; allenfalls zu wenig selbstkritisch und vielleicht konnten wir den Kontakt zur Basis nicht immer ganz aufrechterhalten.
Autor: Dominik Bänninger SVP-Delegierter

Gefasster wirkt hingegen der SVP-Delegierte Dominik Bänninger. Er sieht vor allem drei mögliche Gründe für die Krise: «Zu viel in der Komfortzone verharrt; allenfalls zu wenig selbstkritisch und vielleicht konnten wir den Kontakt zur Basis nicht immer ganz aufrechterhalten», sagt er.

Für Bänninger ist dies jedoch nicht nur das Versagen der Kantonalpartei. Es fehlten nationale Aushängeschilder. «Wir hatten Ogi oder Brunner – das waren Sympathieträger. Sie haben dieselben Themen wie heute vielleicht ein bisschen besser rübergebracht», sagt er.

Wir haben in den vergangenen 20 Jahren auf diesen Kernthemen herumgeritten.
Autor: Rolf Wyssling SVP-Mann

Das sieht auch Rolf Wyssling aus Unterengstringen so. Er ist aber auch mit den Themen der SVP nicht zufrieden: Asyl, Migration und EU reichten nicht mehr. «Wir haben in den vergangenen 20 Jahren auf diesen Kernthemen herumgeritten», sagt er und erklärt weiter: «Das reicht heute nicht mehr. Als grösste Volkspartei muss man ein breiter gefächertes Spektrum als nur drei Themen haben.»

Verkehr, Krankenkassenprämien und vor allem die AHV: Diese Themen müsse die SVP im Wahlkampf ebenfalls bearbeiten ist Wyssling überzeugt. Gar nicht dieser Meinung ist dagegen Claude Wuillemin aus Bonstetten. Sechs Monate vor den Wahlen einen anderen Zug zu fahren wäre total falsch, sagt Wuillemin. Es bleibe deshalb nichts anderes übrig, als weiter voll auf das Thema Europa zu setzen, sagt Wuillemin – auch wenn man Gefahr laufe, im Herbst zu verlieren.

Dieser Meinung sind viele der befragten Delegierten. Die SVP sei wie ein Kreuzfahrtdampfer, hört man immer wieder. Habe dieser mal Kurs genommen, könne man ihn nicht so einfach wenden. SVP-Mann Wuilleman fügt noch an, es sei natürlich möglich, dass das Thema Europa in den nächsten Monaten plötzlich wieder brandaktuell werde und die Grüne Welle stoppe. Er sagt es mehr resigniert, denn hoffnungsvoll.

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