Erst vor zwei Wochen lehnte das Schweizer Stimmvolk mit 51.9 Prozent das Jagdgesetz ab. Die Abstimmung zeigte: Es gibt einen Graben zwischen den Städten und den Bergkantonen. Insgesamt sagte das Walliser Stimmvolk mit 68.6 Prozent deutlich Ja zum Gesetz. Das Walliser Kantonsparlament ist nun das erste, das sich nach der Abstimmung erneut mit der Wolfsproblematik befasst. Das Volk soll erneut abstimmen.
Initiative will Schutz vor Wölfen
Hintergrund ist die Volksinitiative «Für einen Kanton Wallis ohne Grossraubtiere». Damit meinen die Initianten neben dem Wolf auch den Luchs, den Bären und den Goldschakal – primär geht es aber um den Wolf. «Das Problem wird zunehmen», sagte der Mit-Initiant Giudo Walker von der CVP Oberwallis bei der Debatte zur Initiative im Grossen Rat. Es müsse dort reagiert werden, wo die Betroffenheit am grössten sei.
Die Annahme der Initiative würde an der aktuellen und künftigen Situation im Kanton jedoch kaum etwas ändern, sagte die Walliser Kantonsregierung bereits vor der Debatte im Parlament. Die Forderungen seien weitgehend umgesetzt und der Kanton könne keine Bestimmungen erlassen, die über das Bundesrecht hinausgehen. Der Spielraum sei gering.
Staatsrat will eine Abstimmung
Trotzdem soll die Walliser Stimmbevölkerung darüber abstimmen. Dies sei ein bedeutender Gradmesser für die Stimmung und Akzeptanz der Bevölkerung zur Grossraubtierproblematik, so der Staatsrat. Es sei auch ein wichtiges Argument in der künftigen politischen Diskussion um Grossraubtierfragen.
Das Wallis muss das Mitspracherecht aufrecht erhalten.
Das unterstrich auch Rolet Gruber von der CSP Oberwallis, welche die Initiative mit eingereicht hatte. Auf nationaler Ebene seien bereits Vorstösse in Vorbereitung, um ein erträgliches Zusammenleben zu ermöglichen. Deshalb sei es wichtig, dass das Wallis das Mitspracherecht aufrechterhalte, so Gruber.
Pierre Gaulino von der welschen CVP ging gar weiter: Bereits seit der Lancierung der Initiative im Jahr 2017 hätten die Zahl der Wölfe und auch die Attacken auf Schafe zugenommen. «Wenn die Berechnungen stimmen, gäbe es bis 2030 schon 1300 Wölfe in der Schweiz, 500 im Wallis.» Das sei zu viel, so Gaulino: «Dann müsste ich mir überlegen, ein Gewehr mitzunehmen, wenn ich künftig im Wald spazieren gehe.»
Täuschung der Wählerinnen und Wähler?
Eine solch emotionale Debatte machte Benoît Barras von der Fraktion der Linksallianz wütend. «Es ist eine Schande, dass wir erneut über dieses Thema diskutieren müssen.» Die Meinungen seien bekannt und die Initiative ändere nichts. Es gehe nur darum, die Wolfsthematik präsent und die Emotionen hochzuhalten, so Barras. Das führe zu einer Teilung der Bevölkerung.
Es geht nur darum, die Wolfsthematik präsent und die Emotionen hochzuhalten.
Der Graben zwischen der Bevölkerung der Schweiz und des Kantons Wallis würde so nur noch grösser, sagte Emmanuel Revaz von den Grünen. Die Partei will die Initiative nicht nur zur Ablehnung empfehlen, sie will sie gar als ungültig erklären lassen. Die Kritik: Das Verfahren sei irreführend gewesen.
Mit 105 Ja- zu 19 Nein-Stimmen entschied das Parlament schlussendlich, auf die Debatte einzutreten und am Donnerstag über die Details der Initiative zu diskutieren. So wie die Mehrheiten im Parlament sind, dürfte der Grosse Rat dabei die Annahme der Initiative empfehlen.
Auch wenn die Initiative kaum etwas ändern würde, möchte die Mehrheit weiter Druck gegen den Wolf machen – trotz Nein gegen das Jagdgesetz.