- Der Bundesrat übernimmt EU-Sanktionen gegen zwei chinesische Banken nicht.
- SP-Aussenpolitiker Molina sieht ein «Einknicken» gegenüber China.
- Das Wirtschaftsdepartement bezeichnet dies als haltlos, nennt aber auch aussenwirtschaftspolitische Gründe.
Es geht um zwei international wenig bekannte chinesische Banken: Die Heihe Rural Commercial Bank und die Heilongjiang Suifenhe Rural Commercial Bank. Die EU wirft ihnen vor, sie würden Russland helfen, die Sanktionen zu unterwandern. Die EU-Sanktionen gegen die beiden Banken gelten seit Sommer. Diese Woche nun hat der Bundesrat entschieden: Er übernimmt sie nicht, weil Schweizer Finanzinstitute keinerlei Aktivitäten mit den beiden chinesischen Banken hätten.
Molina: «Schweiz stellt Profit über Völkerrecht»
Es kommt selten vor, dass die Schweiz Sanktionen der EU nicht übernimmt. SP-Aussenpolitiker Fabian Molina gehört seit Jahren zu den Kritikern der Schweizer Sanktionspolitik. Die Begründung, dass die zwei chinesischen Banken keine Geschäftsbeziehungen hätten zu Schweizer Banken, hält er für fadenscheinig: «Dann könnte man ja die Sanktionen trotzdem übernehmen. Der Entscheid des Bundesrats zeigt viel mehr, dass er vor China eingeknickt ist», sagt SP-Nationalrat Molina.
Molina vermutet, dass der Bundesrat China nicht verstimmen wolle angesichts der laufenden Verhandlungen über eine Erweiterung des Freihandelsabkommens. «Damit stellt die Schweiz ihre Profitinteressen über die Durchsetzung des Völkerrechts», kritisiert der Nationalrat.
Departement Parmelin nennt Vorwürfe «haltlos»
Die Kritik reicht allerdings nicht über das linke Lager hinaus. Mitte-Präsident Philipp Bregy stützt den Bundesrat: «Die Schweiz sollte dort Massnahmen ergreifen, wo eine konkrete Wirkung zu erwarten ist. Hier scheint dies nicht der Fall zu sein», so Bregy.
Das Wirtschaftsdepartement bezeichnet den linken Vorwurf, der Bundesrat knicke vor China ein, als «haltlos». Ob China im Vorfeld interveniert hat, gibt das Departement nicht bekannt: Man äussere sich grundsätzlich nicht zu allfälligen Kontaktaufnahmen anderer Staaten.
Aussenwirtschaftspolitische Überlegungen spielten auch eine Rolle
Das Staatsekretariat für Wirtschaft (Seco) nennt auf Anfrage aber zusätzlich zu den fehlenden Geschäftsbeziehungen zu Schweizer Banken weitere Gründe, weshalb die Schweiz die zwei chinesischen Banken nicht sanktioniert habe: Der Bundesrat habe die Massnahme «unter Berücksichtigung aussenpolitischer, aussenwirtschaftspolitischer und rechtlicher Kriterien« geprüft und sich mit nationalen und internationalen Partnern ausgetauscht. Wirtschaftliche und aussenpolitische Überlegungen also könnten mit eine Rolle gespielt haben. Auf die EU-Sanktionen hatte Peking scharf reagiert (siehe Box).
Der Bundesrat entscheidet laut Seco im Einzelfall, ob er EU-Sanktionen ganz, teilweise oder gar nicht übernimmt. Er sei nach wie vor entschlossen, die Sanktionen der EU gegenüber Russland mitzutragen und sie aktiv durchzusetzen.
Kritik gab es schon letzten Herbst
Vor drei Jahren entschied der Bundesrat aus staatspolitischen Gründen, anders als die EU, die russischen Propagandasender «Russia Today» und «Sputnik» nicht zu sperren. Letzten Herbst verzichtete er auf die Einführung einer Verpflichtung für Unternehmen und Personen, die Einhaltung der Schweizer Sanktionen durch Tochtergesellschaften im Ausland sicherzustellen. Der Schritt wurde von links und dem damaligen US-Botschafter Scott Miller kritisiert.