Das Aus des Zürcher Stadtmagazins «Züritipp» kam unerwartet. Der Zürcher Verlag Tamedia hat im August angekündigt, das Kulturmagazin per Ende 2024 einzustellen. Für den Kulturjournalismus ist dies ein weiterer Tiefschlag. Gegen den Abbau der Kulturberichterstattung wird der Widerstand in Zürich nun aber grösser.
Letzten Monat haben bereits Städte und Gemeinden im Kanton Zürich beschlossen, eine neue, eigene Kulturplattform zu gründen. Dies als Reaktion auf das Aus des «Züritipp». Jetzt nehmen auch zahlreiche Institutionen und Verbände den Kampf für den Kulturjournalismus auf. An vorderster Stelle: das Zürcher Tanzhaus.
«Als Kulturinstitution sind wir sehr darauf angewiesen, dass auf Veranstaltungen hingewiesen wird», sagt Tanzhaus-Leiterin Catja Loepfe. Und durch den Verlust des «Züritipp» sei dies nicht mehr gewährleistet.
Zusammen mit der gesamten Zürcher Kunstszene hat das Tanzhaus deshalb einen offenen Brief veröffentlicht. Unter dem Titel «Für die Vielfalt der Kultur: Der drohende Verlust des Züritipp» verlangen rund 40 Institutionen und Verbände, dass in Zürich weiterhin über Kultur berichtet wird. Und sie zeigen sich bereit, an Lösungsvorschlägen mitzuarbeiten.
«Wir wollen aufmerksam machen, wir wollen lauter sein als gewöhnlich», sagt Loepfe weiter. «Denn wir machen uns Sorgen. Es geht hier nicht nur um Kultur in der Stadt, sondern im ganzen Kanton. Und es geht um andere, gesellschaftliche Momente: das Zusammenleben etwa, miteinander essen gehen oder zusammen diskutieren.» Mit dem Einstellen des «Züritipp» gehe ein Teil der Berichterstattung über gesellschaftlich relevante Themen verloren.
Kultur und Gastronomie ziehen am selben Strang
Auch deswegen macht sich nicht nur die Kulturszene, sondern auch die Gastronomie für den Erhalt des Magazins stark. Der «Züritipp» habe immer aufgezeigt, was in der Stadt Zürich am Tag und in der Nacht passiere. Auch auf der Ebene der Gastronomie, sagt Alexander Bücheli von der Zürcher Bar- und Clubkommission, dem Sprachrohr des Zürcher Nachtlebens. «Es ist wichtig, dass ein Magazin in dieser Form weiterbesteht.»
Kultur entstehe nämlich häufig erst dann, wenn darüber geschrieben werde, sagt Bücheli weiter. Ein Magazin biete zusätzlich eine Gesamtübersicht. «Es spricht auch Personen an, die sich nicht in den sozialen Medien aufhalten.» Deshalb brauche es ein solches Blatt. Und deshalb unterstütze man auch den Appell des Zürcher Tanzhauses.
Kultur entsteht häufig erst dann, wenn darüber geschrieben wird.
Nur: Bislang handelt es sich bei den Bemühungen des Tanzhauses erst um einen Appell. Welche konkreten Massnahmen die Kultur- und Gastro-Branche in Betracht ziehen, steht bislang noch nicht fest.
Liegt die Kulturberichterstattung auf dem Sterbebett?
Fakt ist allerdings, dass die Kulturberichterstattung generell einen schweren Stand hat, nicht nur in Zürich. So hat zum Beispiel das Luzerner Online-Magazin «Kultz» den Betrieb am Ende des letzten Jahres eingestellt. Der Grund sind tiefe Abo-Zahlen. Nur 700 Personen wollten für Porträts von DJs, Künstlerinnen oder satirische Beiträge Geld bezahlen.
Die Finanzierung stellt vielerorts eine grosse Herausforderung dar. Manchmal helfen Stiftungen aus, meist allerdings nur als Anschubfinanzierung. Es brauche neue Lösungen, sind sich die Zürcher Institutionen und Verbände sicher. Denn die kritische Kulturberichterstattung erfülle in einer Demokratie eine wichtige Rolle.