In einem Kommandoposten mit Dutzenden Bildschirmen und Computern zeigt Philipp Meier vom Kommando Cyber auf einen Monitor. Darauf bewegt sich eine 3D-Karte der Nordwestschweiz. «Wir sehen hier die Luftkorridore der Flugzeuge. Das ist ein Gamechanger: Boden und Luft sind verbunden – es gibt keine Drehstuhllösungen mehr.»
Damit bezeichnet die Armeeführung die bisherigen Abläufe. Der Nachrichtendienst-Offizier im Kommandoposten bekommt eine Meldung zu einer feindlichen Stellung, er speichert die Koordinaten auf einen USB-Stick, zieht den Stick raus. Dreht sich auf dem Bürostuhl zu einem zweiten Computer, steckt den Stick wieder rein und speichert dort die Koordinaten ab.
Die Schweizer Drehstuhllösung, über Jahrzehnte gewachsen – entlang von früher beschafften IT-Systemen. Diese Drehstühle sollen verschwinden. Stattdessen gibt es den neuen digitalen Sensor-Nachrichten-Führungs-Wirkungsverbund. Was ist das?
Noch-Armeechef Thomas Süssli antwortet: «Der wichtigste Prozess in der Armee ist, aus Sensoren Daten zu gewinnen, Wissen daraus zu machen und dann die richtigen Entscheide zu fällen.» Auf dieser Basis sollten die eigenen Mittel rasch und präzise eingesetzt werden, so Süssli weiter. «Wer diesen Prozess schneller durchläuft, gewinnt Gefechte.» Und ebendieser Prozess werde von der Neuen Digitalisierungsplattform (NDP) unterstützt.
Ich würde sagen, dass wir mit der NDP weltführend sind.
Die NDP verbindet und vernetzt alles. Die Infanterie und Panzer am Boden, die Piloten im Kampfjet und Heli in der Luft.
Anfang Jahr äusserte sich die Finanzdelegation in einem Brief an das VBS besorgt über Verzögerungen und zu wenig Ressourcen im Projekt. Inzwischen scheint sich die Situation beruhigt zu haben.
Armeechef Süssli kommt gar zum Schluss: «Ich würde sagen, dass wir mit der NDP weltführend sind. Viele andere Länder versuchen ebenfalls, solche Strukturen aufzubauen – und wir sind schon fast fertig mit diesem Aufbau.»
Vernetzung mit anderen Armee-Systemen?
Das klingt schon fast nach der besten Armee der Welt, wie sie einst Ueli Maurer haben wollte. Was für Diskussionen sorgen könnte, ist die internationale Vernetzung der Plattform. NDP hat als Basis den internationalen Standard «Federated Mission Networking (FMN)».
Wir wollen die Möglichkeit schaffen, dass mit Partnern zusammengearbeitet werden kann – wenn der politische Wille dafür vorhanden ist.
Auf Knopfdruck und wenn politisch gewünscht, wäre das digitale Führungssystem NDP mit den Systemen von anderen Armeen verbunden. Das bestätigt Divisionär Simon Müller, Chef des Kommando Cyber: «Wir wollen die Möglichkeit schaffen, dass mit Partnern zusammengearbeitet werden kann – wenn der politische Wille dafür vorhanden ist.»
Das ist die militärische Interoperabilität, einfach digital. Bei dieser Vernetzung machen Nato-Staaten und zugewandte Länder mit. «Alle Länder, die unsere oder ähnliche Werte teilen, sind dort mit dabei. Mit diesen Standards können wir künftig zusammenarbeiten – auch im Verteidigungsfall.» Vorausgesetzt, die Politik gibt grünes Licht dafür.
Lackmustest am WEF 2027
Im Herbst 2026 sollen erstmals die Spezialkräfte der Armee die Digitalisierungsplattform einsetzen können. 2027 wird dann der Einsatz der Armee am Weltwirtschaftsforum auf der neuen Plattform geplant.
Bis in die 2030er-Jahre sollen alle Stufen, vom Chef der Armee bis hinunter zur Soldatin, zum Soldaten, Zugang zur neuen Plattform haben. Und die Offiziere im Kommandoposten werden dann, hoffentlich, den Kampf gewonnen haben – gegen die Drehstühle.