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Neue Neutralitätsdefinition «Kooperative Neutralität»: Cassis überrascht mit neuem Begriff

  • Bundespräsident Ignazio Cassis versucht, die Neutralität der Schweiz neu zu definieren.
  • Am WEF in Davos hat er dafür einen neuen Begriff eingeführt.
  • Aber was heisst das, dass die Schweiz eine «kooperative Neutralität» verfolgen soll?

Kann ein Land wie die Schweiz angesichts des Krieges Russlands gegen die Ukraine überhaupt noch neutral sein? Seit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine steht die Frage nach der Neutralität wieder im Zentrum der Debatte.

Nun hat Bundespräsident Ignazio Cassis am WEF in Davos einen neuen Begriff eingeführt. Die Schweiz verfolge eine «kooperative Neutralität».

Iganzio Cassis spricht am WEF
Legende: Wie argumentiert ein Bundespräsident, wenn er vor versammelter Weltöffentlichkeit einen neuen Neutralitätsbegriff einführt? Keystone

Zunächst hielt er fest: «Gegenüber der brachialen Verletzung fundamentaler Werte, die auch unsere Werte sind, gibt es grundsätzlich keine neutrale Haltung.»

Deshalb steht die Schweiz mit den Ländern zusammen, die diesem Angriff auf die Grundfesten der Demokratie nicht tatenlos zuschauen.
Autor: Ignazio Cassis Bundespräsident

Auch ein Neutraler müsse sich also positionieren. «Deshalb steht die Schweiz mit den Ländern zusammen, die diesem Angriff auf die Grundfesten der Demokratie nicht tatenlos zuschauen.»

Und schon ist ein neuer Begriff definiert: «Diese kooperative Neutralität entspricht der Schweiz.» Cassis führt aus: Die Schweiz sei kooperativ als neutrales Land, das sich für die Stärkung eigener und gemeinsamer Grundwerte einsetzt. Sie sei kooperativ als neutrales Land, das sich für die Sicherung eigener und gemeinsamer Friedensbemühungen einsetze, kooperativ als neutrales Land, das sich für eine regelbasierte und stabile Sicherheitsarchitektur einsetze, die nur multilateral entstehen könne.

Erinnerungen an die «aktive Neutralität»

Bei einem solch neuen Begriff denkt man sofort an die «aktive Neutralität» der früheren Aussenministerin Micheline Calmy-Rey. Cassis wollte sich offensichtlich nicht daran anlehnen.

Es ist dabei kein Zufall, dass er vor der Weltöffentlichkeit in Davos zum ersten Mal von der «kooperativen Neutralität» spreche, wie er im Anschluss ausführte: «Es geht auch um die Frage, wer für die Diskussion über die Sicherheitsdiskussion nach dem Krieg zuständig sein wird.»

John Kerry und Ignazio Cassis im Gespräch
Legende: Auch die USA wüssten noch nicht, wie zukünftig Weltsicherheitsdiskussionen aussehen würden. Keystone

Er habe auch mit John Kerry darüber gesprochen, die USA hätten auch noch keine Antwort auf diese Frage. Die Nato sei der militärische Arm, aber wo werde diese Debatte politisch stattfinden?

Wir sind nur neutral, wenn die anderen das auch akzeptieren.
Autor: Ignazio Cassis Bundespräsident

Der Bundespräsident will die Schweiz als Ort für diese Diskussionen ins Spiel bringen. Doch das wird nur passieren, wenn die anderen die Schweiz als neutralen Vermittler akzeptieren. Weil nach dem Positionsbezug des Bundesrates mancherorts Zweifel an der Neutralität aufkamen, spricht Cassis nun von kooperativer Neutralität.

HeuteMorgen, 24.05.2022, 6 Uhr

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