Beim Zivilschutz, rechnet der Bundesrat vor, werde die Zielgrösse von 72'000 Schutzdienstpflichtigen schon heute nicht mehr erreicht. Bis 2030 werde der Bestand auf 49'000 Dienstpflichtige sinken, wenn man nichts unternehme. Eine ähnliche Entwicklung zeichne sich bei der Schweizer Armee ab. Hier werde der notwendige Mindestbestand von 140'000 Angehörigen bis 2030 ebenfalls deutlich unterschritten, vor allem wegen der Abgänge in den Zivildienst.
Fokus soll auf Militär und Katastrophenschutz gerichtet werden
Nach dem Nationalrat hat deshalb auch der Ständerat Alarm geschlagen und den Bundesrat verpflichtet, so rasch wie möglich ein neues Dienstpflichtmodell einzuführen gegen dessen Willen. Denn der Bundesrat hat im Januar entschieden, in dieser Sache erst Ende 2027 das weitere Vorgehen festzulegen.
Der Berner SVP Ständerat Werner Salzmann macht als Sprecher der Sicherheitspolitischen Kommission klar: «Das Personalproblem ist dringlich und muss so rasch wie möglich gelöst werden.»
Für die sicherheitspolitischen Kommissionen beider Räte ist auch schon klar, wie: Der Bundesrat soll eine sogenannte Sicherheitsdienstpflicht einführen. Nebst der Armee gebe es in diesem Modell einen Katastrophenschutz. Dies wäre ein neues Gefäss, das aus dem fusionierten heutigen Zivilschutz und dem Zivildienst bestünde und deren bisherige Aufgaben übernähme, wobei die Zivilschutzaufgaben Priorität hätten.
Linke fürchten eine Abschaffung des Zivildienstes und hohe Kosten
Männer müssten entweder Armee oder Katastrophendienst leisten. Frauen könnten in beiden Organisationen freiwillig Dienst leisten. Für SP und Grüne kommt dieses Modell aber faktisch einer Abschaffung des Zivildienstes gleich. Die Solothurner SP Ständerätin Franziska Roth stellt fest: «Mit einer Dienstpflicht würde kein Stein auf dem anderen bleiben.»
Die Linksparteien weisen zudem auf die hohen Kosten der Sicherheitsdienstpflicht hin. Laut neusten Angaben aus der Bundesverwaltung würden sie einmalige Investitionen in der Höhe von einer Milliarde Franken auslösen und wiederkehrende jährliche Kosten von 642 Millionen Franken. «Angesichts der zahlreichen anderen Grossbaustellen im VBS ist es jetzt schlicht der falsche Moment, zusätzlich eine derart umfassende Reform anzustossen», sagt Ständerätin Roth.
Bis zur Einführung dürfte es noch länger dauern
Falsch, findet die Luzerner Mitte Ständerätin Andrea Gmür-Schönenberger. Nichts sei wichtiger als die Sicherheit von Land und Leuten, und es stimme auch nicht, dass kein Stein auf dem anderen bliebe. «Ich bin klar der Meinung, dass all die Steine, die herumliegen, endlich wieder zu einer Schutzmauer für unser Land zusammengebaut würden.»
Und der Urner FDP-Ständerat Josef Dittli betont: «Wir wollen doch vom Parlament jetzt ein Zeichen setzen und dass nicht diese ganze Angelegenheit auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wird.»
Das bringt den neuen Verteidigungsminister Martin Pfister in eine schwierige Lage. Denn wegen der hohen Kosten des neuen Dienstmodells habe der Bundesrat beschlossen, dieses erst im Rahmen des geplanten Projektes zur Entflechtung der Kosten von Bund und Kantonen zu behandeln, gibt Pfister im Ständerat bekannt. Das Entflechtungsprojekt wird allerdings frühestens im Jahr 2027 bereitstehen. So rasch wie möglich heisst für den Bundesrat also frühestens in zwei Jahren.