Zum Inhalt springen

Papstwahl 2025 Was sich Schweizer Seelsorgerinnen vom neuen Papst erhoffen

Die katholische Kirche zu reformieren scheint schwierig. Katholikinnen wollen deshalb vor allem eines: viel Freiraum.

Wenn Katharina Jost beim neuen Papst einen Wunsch frei hätte, wäre es dieser: «Es soll den Ortskirchen noch mehr Eigenständigkeit geben.»

Lächelnde Frau vor verschwommenem Hintergrund.
Legende: Theologin Katharina Jost arbeitet seit 22 Jahren als Seelsorgerin in der Pfarrei St. Laurentius im Luzernischen Dagmersellen. SRF/DAVID KUNZ

Die Theologin arbeitet als Seelsorgerin in einer Luzerner Pfarrei und ist Vize-Präsidentin des Schweizerischen Katholischen Frauenbundes. Seit Jahren setzt sie sich für Gleichberechtigung in der Kirche ein.

«In Bezug auf das Frauenbild müsste sich viel ändern», sagt sie. Papst Franziskus habe den Frauen die Rolle der Sorgenden, der Mütter gegeben. Darin habe er ihren Wert gesehen. Katharina Jost wünscht sich eine Abkehr von klassischen Rollenbildern. Auch in der Kirche soll sich jeder Mensch frei entfalten können.

Kein kompletter Kurswechsel

Trotz der Kritik: Franziskus habe vieles angestossen, was so weitergehen soll. Er habe unterschiedliche Meinungen innerhalb der Kirche zugelassen. Das sieht auch das Ehepaar Sophie und Moritz Zimmermann so. Beide schliessen in Kürze ihre Ausbildung in der Pfarreiseelsorge ab. Sie wünschen sich keinen kompletten Kurswechsel vom neuen Papst.

Ich wünsche mir Spielräume im Umgang mit Menschen aus der Queer-Community.
Autor: Moritz Zimmermann Angehender Seelsorger

«Papst Franziskus hat kontroverse Fragen bewusst offengelassen», sagt Moritz Zimmermann. So sei dem Papst ein Spagat gelungen zwischen progressiven und konservativen Positionen.

Mann in weisser Robe und Hut lächelt.
Legende: Zwölf Jahre amtete Franziskus als Papst – er brachte Reformen auf den Weg, führte aber keine Umbrüche herbei. Keystone/ANDREW MEDICHINI

Das erhofft sich Moritz Zimmermann auch in Zukunft: «Ein Papst, der den lokalen Kirchen Spielräume lässt beim Umgang mit Menschen aus der Queer-Community und beim Frauenthema, das wäre ein riesiger Schritt.»

Kirche braucht Glaubwürdigkeit

Der Wunsch von Katharina Jost und dem Ehepaar Zimmermann ist derselbe: viel Freiheit bei der Arbeit mit den Gläubigen. So können sie progressive Wege weiter gehen, auch wenn sie die katholische Kirche in anderen Regionen der Welt ablehnt.

Der Papst ist ein Botschafter für die lokalen Kirchen.
Autor: Sophie Zimmermann Angehende Seelsorgerin

Doch auch wenn Rom im Alltag in weite Ferne rückt, der Papst sei ein wichtiger Botschafter für die Pfarreien vor Ort. «Rom färbt sehr stark auf uns ab, wenn es um Glaubwürdigkeit geht und um Vertrauen», sagt Sophie Zimmermann. Ein weiterer eher progressiver Papst könnte ihre Arbeit unterstützen.

Potenzieller Papst zu Besuch

Ob es dazu kommt oder ob das Pendel zurückschwingt, ist für Theologin Katharina Jost schwer zu beurteilen. Mehr als 100 Kardinäle stehen theoretisch zur Wahl für das nächste Pontifikat. Einer von ihnen ist Mario Grech. 2020 machte Papst Franziskus den Geistlichen aus Malta zum Kardinal – und zum Sekretär der Bischofssynode, die den Papst berät.  

Kardinal in rotem Gewand bei einer kirchlichen Zeremonie.
Legende: Einer der «Papabile»: Kardinal Mario Grech während einer Messe nach dem Tod von Papst Franziskus. Keystone/Alessandra Tarantino

In dieser Funktion war Mario Grech letztes Jahr zu Besuch in der Schweiz. «Er wollte eine Pfarrei kennenlernen, die von einem Laien geleitet wird», sagt Katharina Jost. Auch für die Arbeit der Frauen in der Kirche habe er sich interessiert. So kam der Kardinal zu Katharina Jost und ihrem Ehemann Andreas Graf. Er leitet die Pfarrei im Kanton Luzern offiziell, sie arbeitet mit und ist als Seelsorgerin tätig.

Kardinal Mario Grech wäre ein guter Papst.
Autor: Katharina Jost Seelsorgerin

«Er hat uns lange zugehört», berichtet Katharina Jost vom Treffen. An ihren progressiven Ideen habe er sich nicht gestört. So fehlt im Innenraum ihrer Kirche der traditionelle Sitz für den Priester während des Gottesdienstes. «Die Reaktion des Kardinals: die katholische Kirche habe grössere Probleme.»

Die Wahl des neuen Papstes kann wenige Stunden dauern oder erst nach mehreren Wochen vorbei sein. Ob der Nachfolger von Franziskus eine progressive oder eine konservative Haltung vertritt, wird sich zeigen. Katharina Jost sagt nach dem Treffen mit Kardinal Mario Grech: «Ich habe den Eindruck, er wäre ein guter Papst.»

Diskutieren Sie mit:

Regionaljournal Zentralschweiz, 7.5.2025, 06:31 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel