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Personalmangel im Zivilschutz Im Aargau gilt künftig: Frauen und Ausländer, antreten!

  • Es ist eine umstrittene Idee: Im Aargau sollen künftig auch Schweizer Frauen sowie Ausländerinnen und Ausländer antraben für einen obligatorischen Infotag.
  • An diesem halbtägigen Anlass werden sie über den freiwilligen Dienst bei Zivilschutz, Feuerwehr oder Samaritern informiert.
  • Das Aargauer Parlament hat das entsprechende Gesetz am Dienstag einstimmig beschlossen. Das ist eine Schweizer Première im Kampf gegen den Personalmangel bei Miliz-Organisationen.

Zivilschutzorganisationen beklagen akuten Personalmangel. Unter anderem auch, weil die Dienstzeit für Zivilschutzleistende von 20 auf 14 Jahre reduziert wurde. Auf Bundesebene wird seit Monaten über mögliche Lösungen diskutiert. Der Aargau prescht nun vor und versucht es mit einem obligatorischen Infoanlass.

Armee, Zivildienst, Zivilschutz: Was gilt für wen?

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In der Schweiz sind Männer dienstpflichtig. Wer alle Anforderungen erfüllt, muss grundsätzlich in die Armee, gilt als «militärdiensttauglich». Wer diese Anforderung erfüllt, aber zum Beispiel aus Gewissensgründen nicht zur Armee will, der darf zivilen Ersatzdienst leisten – sogenannten «Zivildienst». Dieser dauert länger als der Militärdienst und wird zum Beispiel in sozialen Institutionen geleistet.

Einige Personen sind zwar nicht zum Militärdienst zugelassen, aber «schutzdiensttauglich». Sie müssen in den Zivilschutz einrücken.

Wer weder für Militärdienst noch Zivilschutz tauglich ist, bezahlt eine Ersatzabgabe. Für Zivilschützerinnen und Zivilschützer ist diese stark ermässigt.

Sowohl Armee als auch Zivilschutz stehen auch Frauen offen. Diese leisten Militär- oder Zivilschutz-Dienst aber freiwillig. Natürlich gilt auch bei ihnen, dass sie tauglich sein müssen, also die physischen und psychischen Anforderungen erfüllen.

In den letzten Jahren ist die Zahl der Zivildienstleistenden angestiegen, sowohl Armee als auch Zivilschutz beklagen hingegen Personalnot. Auf nationaler Ebene sind deshalb verschiedene Lösungsansätze in Diskussion. Unter anderem auch die Wehrpflicht für Frauen.

Zu dieser «Sicherheitsveranstaltung» werden künftig Frauen sowie niedergelassene Ausländerinnen und Ausländer aufgeboten. Es sind also diejenigen Bevölkerungsgruppen, welche nicht an die obligatorischen Orientierungstage der Armee müssen, da sie keiner Dienstpflicht unterstehen. Der Aargauer Infoanlass wird obligatorisch: Wer nicht erscheint, muss eine Busse von 500 Franken bezahlen.

Feuerwehrleute und Zivilschutzangehörige arbeiten an organgen Hochwassserschutz-Schläuchen
Legende: Bei Hochwasser-Ereignissen, wie hier 2016 in Othmarsingen (AG), arbeiten Feuerwehr und Zivilschutz zusammen. Beiden fehlt vielerorts das Personal. Keystone/Alexandra Wey

An diesem Anlass wird nicht nur über den Zivilschutz informiert, sondern auch über andere mögliche Engagements beim Bevölkerungsschutz. Konkret geht es auch um die Feuerwehr oder Samaritervereine. Auch diese Organisationen haben teilweise zu wenig freiwilliges Personal.

Noch ist offen, ob es nützt

SVP, SP und Mitte stimmten im Parlament für die obligatorische Sicherheitsveranstaltung. «Im Krisenmodus, wie wir ihn bei Corona hatten oder bei einer Energiemangellage wieder haben könnten, ist der Zivilschutz wichtig», erklärte zum Beispiel SP-Grossrätin Lelia Hunziker.

Andere Parteien bezweifelten den Nutzen dieser Infoanlässe. «Nichts tun ist allerdings auch keine Option», gab Bruno Tüscher von der FDP zu. «Wir sollten es zumindest versuchen». Seine Partei, GLP und EVP verlangten deshalb, dass die Regierung nach fünf Jahren Bilanz ziehe. Das Ziel müsse sein, dass der Aargau mindestens 150 Personen pro Jahr rekrutieren könne.

Wir sollten es zumindest versuchen.
Autor: Bruno Tüscher Grossrat FDP

Im Parlament stellten sich nur die Grünen gegen die Idee. Sie finden es falsch, dass Frauen und Ausländerinnen und Ausländer nur über Sicherheitsthemen informiert werden. Grossrätin Isabelle Schmid meinte: «Freiwilliges Engagement ist in verschiedensten Bereichen gefragt, nicht nur im Sicherheitsbereich. Man denke zum Beispiel an die Care-Arbeit oder an die Politik.»

Fast 4000 Leute werden aufgeboten

Der Kanton rechnet damit, dass pro Jahr 3800 Personen eine Sicherheitsveranstaltung besuchen müssen. Um die Belastung für die Arbeitgeber gering zu halten, soll die Veranstaltung jeweils am Abend oder auch an Samstagen stattfinden. Der Regierungsrat rechnet mit Kosten von 277'000 Franken pro Jahr.

Das Gesetz muss noch in eine zweite Lesung. Falls es auch dann im Parlament eine Mehrheit findet und kein Referendum ergriffen wird, dann gibt es im Aargau im Jahr 2024 die ersten obligatorischen Info-Anlässe.

SRF1, Regional-Diagonal, 16:30 Uhr ; 

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