Zehn Prozent aller Pestizide, die pro Jahr in der Schweiz verkauft werden, werden in Familiengärten und auf Balkonen gespritzt. Das sind rund 220 Tonnen pro Jahr.
Falsch verwendete Pestizide sind keine Lappalie, warnt der ehemalige Landschaftsgärtner Jean-Pierre Masclet: «Die Verwendung synthetischer Produkte führt zu Kollateralschäden an der Natur. Die Mittel reichern sich im Boden an.»
Wegen solcher Risiken gelten seit diesem Jahr strengere Regeln beim Verkauf solcher Pestizide. Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) unterscheidet zwei Kategorien: Pestizide für Hobbygärtner oder für Profis. Neu darf unter der Bezeichnung «nichtberufliche Verwendung» nur noch knapp ein Viertel aller 1770 zugelassenen Pestizide an Hobbygärtner verkauft werden.
Pestizide in falschen Händen
Halten sich Gartencenter und Baumärkte an diese Vorschrift? Die Sendung «A bon Entendeur» des Westschweizer Fernsehen RTS prüft bei sieben Läden nach und stellt fest: Alle Läden verkaufen Produkte, welche gemäss dem BLW nicht in die Hände von Pestizid-Amateuren gehören. Insgesamt waren es zwölf verschiedene Pflanzenschutzmittel.
Ertappte Läden reagieren sofort
Konfrontiert mit diesem Resultat, reagieren die Läden und entfernen die betroffenen Produkte unverzüglich aus den Regalen. Warum waren die Produkte überhaupt erhältlich? Viele Läden schieben die Verantwortung auf ihre Lieferanten ab. Die Firma Stähler in Zofingen ist ein solcher Grosshändler. Das Unternehmen beliefert Bauern und Landi mit Pflanzenschutz-Produkten. Verkaufsleiter Andreas Friedli sagt gegenüber «A bon Entendeur»: «Hätten uns die zuständigen Behörden früher informiert, hätten wir uns noch arrangieren können. Aber wir hatten die Läden längst beliefert.»
Handel kritisiert die Behörden
Hat das zuständige Bundesamt für Landwirtschaft die Branche ungenügend vorinformiert? BLW-Sprecherin Florie Marion kontert: «Die Händler sind doch die Profis der Branche und sollten über die Änderungen in ihrem Fachgebiet informiert sein. Ausserdem wurde die Liste mit den Produkten für Laien bereits im Jahr 2018 eingeführt.»
Informationen vom Bund:
In Frankreich ist der Verkauf von Pestiziden an Privatpersonen seit 2019 verboten. Die Schweiz ist noch nicht soweit. Für den ehemaligen Landschaftsgärtner Jean-Pierre Masclet geht es schon heute fast ohne Chemie: «Nach und nach entsteht im Gemüsegarten Gleichgewicht zwischen Parasiten und Nützlingen. Die Schäden gehen zurück und wir können sanftere Mittel einsetzen.»