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Pflichtlager des Bundes Werden jetzt die Notvorräte aufgestockt?

Corona zeigte kleine Lücken auf, auch wenn es nie Mangel gab. Der Betrieb von Pflichtlagern ist aber gar nicht lukrativ.

Sie heissen Reserve Suisse, Capura, Agricura, Helvecura und Provisogas. Namen, die kaum bekannt sind, aber wichtig in Krisenlagen. Denn sie organisieren die Pflichtlager des Bundes für Lebensmittel, Treibstoff, Dünger, Medikamente und Gas. Sie überbrücken Engpässe, wenn Lieferketten unterbrochen sind, wie etwa bei der Corona-Krise.

So funktioniert ein Getreide-Lager

Doch was sind Pflichtlager, wo stehen sie und wie werden sie bewirtschaftet? Bei der Rhenus Logistik am Basler Rheinufer führt ein Mitarbeiter ins oberste Geschoss eines der Silogebäude. Im Betonboden des grossen Raums hat es in regelmässigen Abständen vergitterte Löcher. Jedes Loch ist eine Lagerzelle. 150 sind es insgesamt und jede fasst 100 Tonnen Getreide – 16'000 Tonnen in einem Silo, wenn alles gefüllt ist.

Legt ein Lastschiff mit Getreide an, nimmt das Siloteam auf dem Schiff Proben und prüft sie auf Schädlinge. Ist die Ladung in Ordnung, wird sie gelöscht und ins Silo gepumpt. Regelmässige Kontrollen mit Temperatursonden gehören dazu, denn Ungeziefer gibt Wärme ab.

Silo-Meister Marco Sidler bei der Qualitaetskontrolle im Silo 2 der Firma Rhenus Logistics mit dem Pflichtlager für Getreide in Basel.
Legende: Ein Mitarbeiter bei der Qualitaetskontrolle im Silo 2 der Firma Rhenus Logistics in Basel. Keystone/Archiv

Reserve Suisse überwacht Bestände

Heinz Eng untersucht die Lagerzellen genau und ist zufrieden: Sie sind prall gefüllt. Eng ist stellvertretender Geschäftsführer von Reserve Suisse. Die Genossenschaft soll die Nahrungsvorsorge sicherstellen. Mitglieder sind Händler, Importeure, Grossverteiler.

Sie sind verpflichtet, von gewissen Produkten Pflichtlager anzulegen: «Die Pflichtlager werden als rotierende Lager gehalten. Es erfolgt also immer ein Austausch. Die freien Vorräte gehen in den Verbrauch beziehungsweise in die Verarbeitung, und neue Ware kommt hinzu», erklärt Eng.

Wenn lagern nicht lukrativ ist

Insgesamt umfassen die Pflichtlager 583'000 Tonnen Getreide. Das reicht für drei bis vier Monate. Der Bund zahlt den Unternehmen eine Entschädigung, um Pflichtlager zu errichten. Und sie beauftragen dann zum Beispiel Andreas Stöckli, den CEO der Schweizer Rhenus Gruppe, ein grosser Lagerist von Futtermittel und Getreide.

Darüber freut sich Stöckli allerdings nur bedingt: «Das Geschäft mit den Pflichtlagern ist gänzlich unattraktiv. Pro Tonne Pflichtlager und Jahr bekommen wir zwischen 40 und 60 Franken. Der Aufbau eines Pflichtlagers kostet dagegen etwa 1200 Franken», kritisiert er. Die von Reserve Suisse festgelegte Entschädigung sei einfach zu tief.»

Eng von Reserve Suisse weiss um die Kritik und nickt: «Silobau ist teuer, und das muss natürlich auch kostendeckend sein. Aktuell überprüfen wir die Lage zwecks besserer Kostentransparenz, um allenfalls Korrekturen machen zu können.»

Die Laderampe vor dem Silo 2 der Firma Rhenus Logistics mit dem Pflichtlager für Getreide in Basel.
Legende: Die Laderampe vor dem Silo 2 der Firma Rhenus Logistics mit dem Pflichtlager für Getreide in Basel. Keystone/Archiv

Mehr Lager nach Erfahrungen mit Corona?

Corona dürfte da auch eine Rolle spielen. Auch wenn Lebensmittel nie knapp waren, habe sich gezeigt, dass es Puffer brauche, sagt Eng: «Beim Reis war es effektiv so, dass traditionelle Exportländer wie Thailand oder Italien mit Dauer der Krise ein Exportverbot aussprachen, um ihre eigenen Bedürfnisse zuerst abzudecken.»

Es gibt Szenarien, die eine oder andere Warengruppe im Lebensmittelbereich aufzustocken.
Autor: Heinz Eng Stellvertretender Geschäftsführer von Reserve Suisse

Reserve Suisse und ihre Partner-Genossenschaften wollen nun generell über die Bücher gehen und abklären, ob die Vorräte ausreichen oder ob es Korrekturen braucht. Es gebe Szenarien, die eine oder andere Warengruppe gerade im Lebensmittelbereich aufzustocken.» Auch die Diskussion um die Kosten und die Entschädigung für Pflichtlager wird damit aktuell bleiben.

Rendez-vous, 17.07.2020, 12:30 Uhr

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