Seit der Pandemie häufen sich Überstunden für Polizistinnen und Polizisten . Dazu kamen seit diesem Frühling eine Flut von Anlässen, Festen und nationalen wie internationalen Konferenzen. Besonders belastend für alle Polizeikorps sind die grossen Konferenzen, wie das WEF, die Ukraine-Konferenz in Lugano oder der Zionistenkongress in Basel. Es handelt sich dabei um sogenannte Ikapol-Einsätze – da müssen alle Kantone Polizistinnen und Polizisten stellen.
Dazu sei man auch gerne bereit, sagt Fredy Fässler, Polizeidirektor von St. Gallen und Präsident der Justiz- und Polizeidirektorenkonferenz KKJPD. «Wir wissen auch, wie wichtig, diese grossen internationalen Konferenzen sind. Auf der anderen Seite müssen wir feststellen, dass die Polizeikorps personell mittel- und langfristig nicht in der Lage sind, dauerhaft solche Aufgaben zu übernehmen – in einer solchen Häufung wie dieses Jahr»
Die KKJPD habe darum eine Analyse in Auftrag gegeben. Die Konferenz der Polizeikommandanten soll klären, ob die grosse Belastung für die Polizeien ein einmaliger Ausreisser sei, oder ob ein strukturelles Problem vorliege.
Einen möglichen Lösungsansatz sieht Fässler bei der Vorbereitung der internationalen Konferenzen: «Denkbar wäre, dass man die Polizeikorps von Anfang an in die Planung solcher Veranstaltungen miteinbezieht. Und nicht einfach befiehlt und sagt, dass die Polizei schützen soll. Das würde vielleicht dazu führen, dass solche Konferenzen etabliert und geplant würden.»
Es wäre denkbar, dass man die Polizeikorps von Anfang an in die Planung grosser Veranstaltungen miteinbezieht.
Ob eine bessere Planung und Absprachen wirklich eine Entlastung für die Polizistinnen und Polizisten bringen würde, daran zweifelt der Verband Schweizerischer Polizeibeamter (VSPB). Die grossen Konferenzen fänden nun mal statt. Und es sei auch die Aufgabe der kantonalen Polizeien, dort für Sicherheit zu sorgen, sagt Max Hofmann, Generalsekretär des Verbands.
Er sieht nur eine Lösung: «Mehr Personal. Mehr Personal gibt auch die Möglichkeit, den Leuten die nötige Ruhezeit zu gewährleisten.» Mit mehr Personal könnten die Polizeiangestellten turnusmässig arbeiten. Sie hätten so mehr frei am Wochenende. «Man könnte die Leute entlasten.»
Mehr Personal könnte die Leute entlasten.
Zwar haben schon viele Kantone ihre Korps aufgestockt. Das reiche aber noch nicht, um den veränderten Anforderungen der letzten Jahre Herr zu werden – Anforderungen wie Cyberkriminalität, vermehrt private Streite oder eben die Konferenzen, sagt Hofmann.
2000 bis 3000 zusätzliche Polizistinnen und Polizisten bräuchte die Schweiz, rechnet Hofmann vor. «Ich glaube, das gute Personal findet man, wenn die Arbeitskonditionen gut sind. Ich glaube, die Leute sind zufrieden. Man muss einfach alles gut vorbereiten und ausschreiben und die Konditionen gut gewährleisten, damit die Leute kommen und bleiben.»
Die Belastung für die Polizistinnen und Polizisten sei hoch, darin sind sich die Polizeibeamten und die Kantonalen Direktorinnen und Direktoren einig. Auch einig sind sie sich, dass die Sicherheit in der Schweiz nach wie vor gewährleistet sei.
Die geschlossenen Polizeiposten dürften aber als Hilferuf verstanden werden – ein Hilferuf für einmal nicht an die Polizei, sondern von den Polizistinnen und Polizisten an die Politik.