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Das Manöver vor rund zehn Jahren endete glimpflich
Aus Regionaljournal Zürich Schaffhausen vom 19.02.2021. Bild: Keystone
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Prozess am Zürcher Obergericht Beinahe-Kollision von Flugzeugen: Gericht spricht Fluglotsen frei

  • Der 49-Jährige war angeklagt, weil er eine Beinahe-Kollision zweier Flugzeuge verursacht haben soll.
  • Der Staatsanwalt hatte für den Vorfall eine bedingte Freiheitsstrafe von 9 Monaten gefordert. Damit konnte er sich aber nicht durchsetzen.
  • Die Flugsicherung Skyguide ist erleichtert über den Freispruch des Zürcher Obergerichtes.

Passiert ist der Vorfall bereits vor bald zehn Jahren: Im August 2012 trainierte ein Flugschüler mit seiner Lehrerin am Flughafen Zürich. Als Übung wollte der Pilot sein Sportflugzeug auf einer Piste landen und gleich wieder starten. Dafür erteilte ihm der Skyguide-Mitarbeiter die Bewilligung.

Durchaus eine «gefährliche Sache»

Doch kurz darauf gab der Fluglotse auch einer Passagiermaschine auf einer anderen Piste die Starterlaubnis. Das Problem: Die beiden Pisten kreuzten sich und in Folge kamen sich die Flugzeuge mit insgesamt zwanzig Personen an Bord gefährlich nahe.

Der Oberrichter bezeichnete das Manöver zwar durchaus als «gefährliche Sache». Das Gericht argumentierte allerdings, der Angeklagte habe beim Engpass rechtzeitig korrigierend eingegriffen. Er wies die Sportmaschine an, steil rechts abzudrehen. Diese Anweisung habe die Fluglehrerin sofort umgesetzt. Zu Schaden kam bei dem Vorfall niemand.

Mit dem Freispruch kippte das Obergericht das erstinstanzliche Urteil. Das Bezirksgericht Bülach war 2019 noch der Argumentation des Staatsanwaltes gefolgt und hatte den Angeklagten verurteilt.

So hat die erste Instanz entschieden

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Das Bezirksgericht Bülach hatte den Skyguide-Mitarbeiter wegen fahrlässiger Störung des öffentlichen Verkehrs verurteilt. Er erhielt eine bedingte Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 100 Franken. Das Gericht argumentierte, der Fluglotse habe den Flugverkehr nicht genügend kontrolliert und koordiniert. Allerdings war sich das Richtergremium beim Schuldspruch nicht einig und machte dies öffentlich – ein aussergewöhnlicher Vorgang.

Der Fluglotse sagte vor Obergericht aus, seine Arbeit als Fluglotse sei sein «Lebensjob». Er arbeitet bis heute bei Skyguide im Hintergrund. Für seine Anwaltskosten erhält der Mann nun 50'000 Franken. Zudem bekommt er eine Genugtuung von 2000 Franken. Das Geld soll laut Gericht das Signal einer Entschuldigung sein, weil sich das Verfahren bereits jahrelang hingezogen hatte.

Schaden solche Anklagen der Flugsicherheit?

Die Flugsicherung Skyguide reagiert positiv auf den Freispruch. Eine Verurteilung hätte nicht zu mehr Sicherheit geführt, heisst es in einer Mitteilung. Solche Trainingsflüge seien heute gar nicht mehr möglich. Man nehme das Urteil mit «Erleichterung zur Kenntnis».

Schon früher hatte Skyguide mehrfach vor solchen Anklagen ohne Schaden gewarnt. Die Flugsicherung fürchtet, die Prozesse schaden der Sicherheit: Aus Angst vor Strafverfolgung würden die Mitarbeitenden in den Meldungen zu ihren Fehlern nur noch die nötigsten Angaben machen. Dadurch könnten weniger gut Rückschlüsse gezogen werden. Bisher wurde aber erst ein Skyguide-Mitarbeiter rechtskräftig verurteilt.

Ein Fluglotse vor Gericht – nicht das erste Mal

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2019 mussten sich gleich zwei Skyguide-Mitarbeiter vor Bundesgericht verantworten. In beiden Fällen kam niemand zu Schaden. Dennoch wurde ein Fluglotse verurteilt, der andere nicht.

  • Im Juli 2019 hat das Bundesgericht einen Fluglotsen verurteilt. Es ist schweizweit das erste rechtskräftige Urteil gegen einen Flugverkehrsleiter. Wegen seines Verschuldens näherten sich 2013 zwei Maschinen gegenseitig an. Das Bundesgericht argumentierte, der Sicherheitsabstand zwischen den Flugzeugen sei massiv unterschritten worden. Der Skyguide-Mitarbeiter habe seine Sorgfaltspflicht verletzt und fahrlässig gehandelt. Er wurde zu einer bedingten Geldstrafe von 18'000 Franken verurteilt.
  • Im November 2019 hat das Bundesgericht einen Fluglotsen freigesprochen. Er erteilte 2011 zwei Flugzeugen kurz nacheinander auf sich kreuzenden Pisten die Starterlaubnis. Der Pilot des einen Swiss-Jets bemerkte die andere Maschine und brach den Start im letzten Moment ab. Verletzt wurde niemand.Das Bundesgericht stellte sich auf den Standpunkt, es habe keine konkrete Gefahr bestanden. Eine Störung des Flugverkehrs habe nicht vorgelegen. Zuvor hatte das Zürcher Obergericht den Fluglotsen für schuldig befunden. Es argumentierte, der Flugverkehrsleiter habe die Personen an Bord in Gefahr gebracht.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Staatsanwalt kann es noch ans Bundesgericht weiterziehen. Ob er dies tut, ist allerdings zweifelhaft. Denn das Zürcher Obergericht orientierte sich in seinem Urteil auch an einem Grundsatz-Entscheid des Bundesgerichtes vom letzten Jahr. Dieses hielt fest, dass nur die Realität zähle – und nicht, was hypothetisch hätte geschehen können.

SRF 4 News, 19.02.2021, 15.30 Uhr;

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