- Das Basler Strafgericht muss über 13 Verfahren neu entscheiden. Grund ist der «Anschein der Befangenheit» von Richtern.
- Die Urteile des Basler Strafgerichts gegen mehrere Personen werden aufgehoben.
- Die Fälle werden zwar erneut in Basel behandelt, aber von anderen Gerichtspräsidien.
Damit müssen 13 Verfahren gegen Personen, die an der Basel-Nazifrei-Demonstration im November 2018 teilgenommen haben, neu verhandelt werden. Das sei ein Sieg für die Betroffenen, die den Fall bis vor Bundesgericht gezogen haben, sagt Anwalt Christian von Wartburg, der einen Beschuldigten verteidigt: «Ich bin erleichtert über diesen Entscheid. Es ist wichtig, dass in einem Rechtsstaat Fragen nach Befangenheit sorgfältig geklärt werden.»
Das Strafgericht wird angewiesen, die entsprechenden Verfahren von «einem unabhängigen und unparteiischen Spruchkörper unter anderem Vorsitz wiederholen zu lassen».
Anschein von Befangenheit ist entscheidend
Für den Entscheid massgeblich sei der «Anschein der Befangenheit» gewesen. Die Betroffenen werfen den zuständigen Richtern vor, dass sie vor dem Prozess untereinander Absprachen gegen sie geführt hätten. Es sei darum gegangen, wie die Urteile von einzelnen Fällen ausfallen sollen. Es sei der Eindruck entstanden, dass die Strafgerichtspräsidien ihre Meinung nicht nur vorläufig, sondern weitgehend unumkehrbar gebildet haben.
Und zwar so, dass die Verfahren nicht mehr als offen erschienen. Dies betreffe Teile des konkreten Sachverhalts und einzelne Rechtsfragen im Verfahren.
Umstrittenes Interview als Auslöser
Der Präsident des Basler Strafgerichts, René Ernst, hat der «Basler Zeitung» Ende September 2020 ein Interview gegeben. Darin äusserte er sich – nach Rücksprache mit den Kollegen – über die Basel-Nazifrei-Prozesse.
Zu diesem Zeitpunkt waren aber noch nicht alle erstinstanzlichen Verfahren vor dem Strafgericht Basel-Stadt abgeschlossen. Darum wurde das Vorgehen nicht nur von den Anwälten der Angeklagten kritisiert. Es wurden Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Richter und Richterinnen geäussert.
Befangenheit oder nicht, bleibt offen
Das Appellationsgericht musste gemäss Mitteilung nicht darüber entscheiden, ob die Strafgerichtspräsidien tatsächlich befangen waren. Nach gängiger Gerichtspraxis reiche bereits ein «Anschein der Befangenheit» als Grund für einen Ausstand. Die Frage, ob die Richter tatsächlich befangen waren, bleibt also unbeantwortet.