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Prüfungen in Coronazeiten Drei Stunden lang im engen Prüfungsraum: «Ein ungutes Gefühl»

Präsenzprüfungen für Erwachsene bleiben erlaubt. Das kann zu problematischen Situationen führen, wie ein Beispiel zeigt.

Die Schweizer KV-Schulen bieten nebst der Lehre und Grundausbildung auch eine Reihe von berufsbegleitenden Weiterbildungen an. So zum Beispiel jene, die ein Diplom als Sachbearbeiter/-in im Personalwesen bringt. Die Kurse sind dezentral auf verschiedene Standorte verteilt. Die Organisation der zentralen Abschlussprüfungen haben die KV-Schulen an den Verein «Edupool» delegiert.

Maskenpflicht, aber Mindestabstand nicht möglich

Heuer wäre diese Sachbearbeiter-Diplom-Prüfung mit rund 400 Angemeldeten auf den 21. November angesetzt gewesen. Eine Detailhandelsangestellte aus dem Kanton St. Gallen hätte im KV Zürich antreten sollen. Doch als sie und ihre Mitstudierenden die Prüfungsunterlagen lesen, wird es manchen von ihnen flau im Magen. Es gelten zwar alle möglichen Schutzmassnahmen, allen voran eine durchgehende Maskenpflicht, aber: Der Mindestabstand von 1,5 Metern könne nicht eingehalten werden, schreibt «Edupool».

Über drei Stunden in einem engen Raum mit wildfremden Menschen: «Das hat bei vielen von uns ein ungutes Gefühl ausgelöst», sagt die Detailhandelsangestellte im SRF-Konsumentenmagazin «Espresso». Zusammen mit Kolleginnen habe sie bei den Verantwortlichen nachgefragt, ob es nicht auch anders ginge. Doch ohne Erfolg: Man habe zwar Verständnis gezeigt für ihr Anliegen, aber passiert sei nichts.

Verantwortliche ziehen die Notbremse

Die Betroffenen wenden sich deshalb an «Espresso». Der Geschäftsführer von «Edupool», Daniel Friederich, erklärt, es handle sich um eine Prüfung, die am Computer geschrieben werden müsse und in den entsprechenden Computerräumen seien die Arbeitsplätze leider nahe nebeneinander. Mit allen anderen Vorsichtsmassnahmen sei so ein Setting aber vertretbar, findet er.

Kurze Zeit später meldet er sich wieder: Man sei über die Bücher gegangen, die Prüfung werde verschoben und so rasch als möglich unter anderen Umständen durchgeführt. Zum Beispiel schriftlich. Sobald man mehr wisse, informiere man die Studierenden. Die St. Galler Detailhandelsangestellte ist erleichtert: «Ein sehr reifer Entscheid», findet sie.

Präsenzprüfungen grundsätzlich erlaubt

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Grundsätzlich bleiben Prüfungen vor Ort laut der aktuellen Covid-19-Verordnung auch bei Weiterbildungen, in der höheren Berufsbildung und im Hochschulbereich weiterhin erlaubt. Es gelten aber die Schutzmassnahmen und es dürfen nicht mehr als 50 Personen zusammen sein, in einzelnen Kantonen noch weniger.

Und: Maskenpflicht allein, das reiche nicht. Der Mindestabstand müsse eingehalten werden können, schreibt das Bundesamt für Gesundheit auf Anfrage von «Espresso». So gesehen wäre eine solche Prüfung wie am KV Zürich geplant, gar nicht erlaubt gewesen.

Kurse nur mit Ausnahmen möglich

Ausbildungen und Weiterbildungen mit physischer Präsenz für Erwachsene sind hingegen grundsätzlich verboten. Doch die Verordnung lässt ein Türchen offen: Unterrichtsaktivitäten, die «notwendiger Bestandteil eines Bildungsganges sind und für deren Durchführung eine Präsenz vor Ort erforderlich ist», dürfen weiterhin durchgeführt werden. Das könnte etwa ein Massage- oder ein Kochkurs sein.

Immer mehr satteln auf Online um

Nicht nur für die Studierenden, sondern auch für die Erwachsenen-Bildungsstätten bleibt es eine schwierige, verwirrende und heikle Situation. Immer mehr Anbieter wollten lieber kein Risiko eingehen und würden auf Präsenzprüfungen und -Kurse verzichten und sie stattdessen online durchführen, sagt Bernhard Grämiger, der Direktor des Schweizerischen Verbandes für Weiterbildung.

Espresso, 12.11.2020, 08:13 Uhr

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