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Putzhilfen in Corona-Zeiten «Meist haben sie einen Lohnanspruch»

Viele Haushalte beschäftigen Putzhilfen. Weil zurzeit viele Beschäftigte von zu Hause aus arbeiten, putzen viele selbst, verzichten also auf die Hilfe der Reinigungskräfte. Muss der Lohn der Person, die sonst reinigt, weiterhin bezahlt werden?

Meistens bestehe ein Angestelltenverhältnis zwischen Auftraggeber und Reinigungsperson, sagt Roger Rudolph, Professor für Arbeitsrecht an der Universität Zürich. Er beantwortet die wichtigsten Fragen zum Arbeitsverhältnis und der Lohnfortzahlung anhand typischer Fälle.

Roger Rudolph

Professor für Arbeits- und Privatrecht an der Universität Zürich

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Aus Sicht der Haushalte als Leistungsbezüger

SRF News: Wir haben eine selbständig erwerbende Reinigungskraft angestellt, mit der wir keinen Arbeitsvertrag haben. Jetzt wollen wir nicht mehr, dass sie kommt. Müssen wir ihr weiterhin Lohn bezahlen?

Roger Rudolph: Auch wenn kein schriftlicher Arbeitsvertrag vorliegt, handelt es sich in solchen Fällen rechtlich oft um Arbeitsverhältnisse. Entsprechend können Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber nicht einfach auf die Arbeitsleistung verzichten. Beziehungsweise, wenn sie es dennoch tun, müssen sie gleichwohl den Lohn bezahlen. Es handelt sich dann um einen sogenannten Arbeitgeberverzug.

Wir haben eine Reinigungskraft fest angestellt. Wir wollen nicht, dass sie während der Pandemie unsere Wohnung betritt? Müssen wir sie bezahlen?

Ja, das vertraglich vereinbarte Pensum gilt auch in diesem Fall. Man muss die Arbeitnehmerin, den Arbeitnehmer, zwar nicht in die Wohnung lassen, aber der Person steht der Lohn für die ausgefallene Arbeit zu.

Unsere Reinigungskraft haben wir angestellt und einen Arbeitsvertrag abgeschlossen. Nun will sie nicht mehr kommen. Sie hat per Ende März gekündigt, weil ihr Mann Risikopatient sei und sie sich vor einer Ansteckung fürchtet. Müssen wir ihr den Lohn bezahlen, obschon wir gar nicht zu Hause sind und sie uns gefahrlos die Wohnung reinigen könnte?

Nein, der Lohn muss nicht bezahlt werden. Die Sorge allein, man könnte sich am Arbeitsplatz anstecken, genügt noch nicht für eine Arbeitseinstellung. Wenn man es dennoch tut, besteht kein Anspruch auf Lohnzahlung.

Unsere angestellte Reinigungskraft will nicht mehr kommen. Wir bezahlen ihr trotzdem den Lohn. Können wir diesen Lohn vom Bund zurückfordern?

Wenn Lohn für nicht geleistete Arbeit bezahlt wird, obwohl die Arbeitsleistung hätte erbracht werden können und müssen, handelt es sich letztlich um eine freiwillige Leistung der Arbeitgeberin. Solche Zahlungen können nicht vom Bund zurückgefordert werden.

Aus Sicht der Reinigungskraft als Leistungserbringerin

Mein Arbeitgeber will mir den Lohn nicht bezahlen, weil ich nicht mehr kommen will. Was kann ich tun?

Nur weil jemand nicht mehr zur Arbeit gehen will, zum Beispiel aus Furcht vor einer Ansteckung, berechtigt dies noch nicht zur Arbeitseinstellung. Tut die Person es dennoch, hat sie keinen Anspruch auf Lohnzahlung. Im schlimmsten Fall droht sogar eine fristlose Kündigung.

Mein Arbeitgeber will mir den Lohn nicht bezahlen, weil ich nicht mehr kommen darf. Was kann ich tun?

Wenn Ihr Arbeitgeber Sie nicht mehr beschäftigen will, obwohl Sie die Arbeit nach wie vor erbringen können und auch wollen, haben Sie dennoch Anspruch auf Lohnzahlung. Sie müssen in diesem Fall aber unbedingt Ihre Arbeit beweisbar anbieten, zum Beispiel durch ein Einschreiben oder eine Mail. Bleibt die Zahlung danach immer noch aus, bleibt letztlich nur die Klage vor dem Gericht. Oft macht es aber Sinn, dass vorher zum Beispiel von der Rechtsschutzversicherung, der Gewerkschaft oder einem Anwalt nochmals eine Frist gesetzt wird.

Tagesschau, 02.04.2020, 09:30 Uhr ; 

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