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Rassismus-Monitoring Rassismus in der Schweiz nach wie vor weit verbreitet

Jede sechste Person in der Schweiz hat schon Rassismus erlebt. Die Fachstelle des Bundes sieht keine Trendwende.

Die gute Neuigkeit zuerst: Die Zahl der Rassismusvorfälle hat im Vergleich zur letzten Erhebung nicht zu-, sondern sogar abgenommen. Dies sei aber wohl eher ein «Ausrutscher», sagt Marianne Helfer, Leiterin der Fachstelle für Rassismusbekämpfung beim Bund.

Denn rückblickend ist laut Helfer der Trend klar steigend: Gaben bei der ersten Erhebung 2010 noch zehn Prozent der Bevölkerung an, sie hätten rassistische Diskriminierung erlebt, so sind es heute 17 Prozent.

Wir gehen davon aus, dass vor allem die Sensibilität gestiegen ist.
Autor: Marianne Helfer Leiterin Fachstelle für Rassismusbekämpfung im EDI

Besonders auffällig: Mehr als 30 Prozent der 15- bis 24-Jährigen gaben an, in den letzten fünf Jahren Opfer einer rassistischen Diskriminierung geworden zu sein. Helfer relativiert zugleich die hohen Zahlen. Gerade auch junge Menschen mit Migrationshintergrund würden ihre Erlebnisse vermehrt melden als noch ihre Eltern.

Dennoch sei Rassismus nicht nur das Problem einzelner Rassisten, sondern nach wie vor breit in der Bevölkerung vorhanden, warnt Helfer. «Gemäss Umfrage stört sich ein Drittel der Bevölkerung an Menschen, die sie als anders oder fremd wahrnehmen.»

Verbaler Rassismus am häufigsten

Rassismus erlebten die Betroffenen vor allem am Arbeitsplatz, in der Öffentlichkeit und in der Schule – und zwar in dieser Reihenfolge. Am häufigsten komme verbaler Rassismus vor wie Beschimpfungen, Beleidigungen und blöde Witze.

Am zweithäufigsten sind laut Helfer Benachteiligungen, etwa wenn jemand eine Dienstleistung nicht oder nicht in der adäquaten Qualität erhält, etwa in Restaurants oder bei öffentlichen Stellen. Aber auch bei der Arbeit, wenn Beförderungen verweigert oder mehr Überstunden verlangt würden.

Mehr Anlaufstellen, mehr Prävention

Und was kann man dagegen tun? Die Fachstelle für Rassismusbekämpfung empfiehlt mehr Anlaufstellen für Betroffene. Die Schweiz sei im Vergleich mit den umliegenden EU-Ländern nicht rassistischer, doch bei der Prävention bestehe Nachholbedarf.

Internationale Menschenrechtsgremien empfehlen unter anderem Anpassungen im Zivilrecht. Das wiederum reiche im Kampf gegen Rassismus nicht aus, so Helfer. Gefordert seien Politik, Behörden und Gesellschaft: «Rassismus geht uns alle an, weil Rassismus letztlich den sozialen Zusammenhalt und die Demokratie gefährdet.»

Rendez-vous, 01.02.2024, 12:30 Uhr;kesmu

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