Es ist kalt und neblig an diesem Donnerstagmorgen in Saignelégier im Kanton Jura. Das triste Wetter passt zur Stimmung der örtlichen Tourismusverantwortlichen. Der Marché Concours in diesem Sommer musste abgesagt werden. Die grosse Pferdeschau und die Pferderennen ziehen jeweils 50'000 Besucher an. Mit diesem Grossanlass brechen in dieser strukturschwachen Region auch wichtige Einnahmen weg.
Unterwegs in schwarzen Limousinen
Trost spenden da zwei, die an diesem Morgen wie Bundesräte vorfahren. In einem schwarzen Limousinen-Konvoi treffen Isabelle Moret und Hans Stöckli ein. Die beiden Präsidenten von National- und Ständerat hören den Veranstaltern und den Tourismus-Managern vor allem zu.
«Wir wollen die zehn Kantone besuchen, die am meisten von Covid betroffen waren», erklärt Isabelle Moret. Als Parlamentarierinnen und Parlamentarier seien sie zwar nahe beim Bundesrat und beim BAG, aber «nicht am Boden», wie sie sich ausdrückt. Man könne sich hier aus erster Hand informieren und wisse dann in der nächsten Session genauer, wo den Menschen der Schuh drücke.
Suche nach mehr Aufmerksamkeit?
Auch ein fast schon obligater Besuch in einem Spital darf nicht fehlen. Mit Masken besichtigen Moret und Stöckli eine Intensivstation, in der Corona-Patienten behandelt wurden. Es gibt Danksagungen ans Gesundheitspersonal. Die Ratspräsidentin und der Ratspräsident sind überall mittendrin und auch ein beliebtes Fotosujet.
Aber geht es den beiden wirklich nur um Corona, oder wollen da zwei ihren Ämtern auch ein wenig mehr Glanz verleihen? Sind sie auf der Suche nach mehr Aufmerksamkeit? Nein, entgegnet Hans Stöckli, er wolle den Bundesrat unterstützen und ihm keinesfalls die Show stehlen. Man stehe ja auch im engen Austausch mit den Vertretern der Landesregierung.
Videochats mit der Bevölkerung
Doch die Spitzen der beiden Parlamentskammern sind ungewöhnlich präsent in letzter Zeit. So gab es Videochats mit der Bevölkerung im Lockdown. Dabei meinte der frisch gebackene Ständeratspräsident bei seinem Amtsantritt in einer Videobotschaft noch: «Der Ständeratspräsident ist dann ein guter Präsident, wenn er möglichst wenig in Erscheinung tritt».
Das habe sich nur auf die Amtsführung im Rat bezogen, sagt Stöckli. Und sein Amtsjahr habe sich nun auch ganz anders entwickelt. Normalerweise seien die Ratspräsidenten viel auf Reisen, zu Besuch in ausländischen Parlamenten. «Das ist dieses Jahr jetzt nicht geschehen. Dementsprechend haben wir das Amt neu definiert.».
Das Land kennenlernen
So gibt es jetzt also Erinnerungsfotos mit örtlichen Behörden statt Besuche bei ausländischen Parlamenten. Isabelle Moret sieht auch Vorteile, wenn die Auslandsreisen ausfallen: «Ich lerne unser Land noch besser kennen und die Leute, für die ich Politik mache».