Es war die bisher grösste Demonstration in der Schweiz gegen Rassismus und Polizeigewalt in Zusammenhang mit dem Tod von George Floyd: In Genf nahmen am Dienstagabend 10'000 TeilnehmerInnen teil. Die Kundgebung ist friedlich verlaufen, Zwischenfälle sind keine bekannt.
«Die Polizei liess die Demonstrierenden gewähren», sagt SRF-Westschweiz-Korrespondentin Barbara Colpi. Es seien viele Schwarze unter den Demonstranten gewesen. Das erkläre sich dadurch, dass in Genf die grösste Gemeinschaft der Schweiz lebe. «Es waren aber auch viele Angehörige anderer Ethnien dabei.» Aufgefallen sei ihr weiter, dass viele Junge teilnahmen. Um die Regeln bezüglich der Corona-Pandemie einzuhalten, teilten sich die Menschen in Gruppen von 300 Personen auf und trugen Masken.
«Eine Ehrerweisung an George Floyd»
Der Zeitpunkt der Demonstration fiel mit der Beerdigung von George Floyd in Texas zusammen. «Es war für viele eine Ehrerweisung an Floyd – und eine Geste der Solidarität mit den Afroamerikanern in den USA», so Colpi. Die Demonstration sei auch Ausdruck der Solidarität der verschiedenen Ethnien, die in Genf leben, gewesen.
Die Demonstrierenden stellen auch in der Schweiz grundsätzliche Forderungen: «Sie wollen sich Gehör verschaffen und verurteilen jegliche Diskriminierung aufgrund von Hautfarbe oder Religion», sagt die Korrespondentin. Ein wichtiges Stichwort sei dabei das sogenannte Racial Profiling. Damit wird das Phänomen bezeichnet, dass Autoritätspersonen wie Polizistinnen, Polizisten, Zollbeamte, Kontrolleure und andere, jemanden schon aufgrund der Hautfarbe grundsätzlich als verdächtig einstufen.
«Offiziell sagt man, das passiere in der Schweiz nicht», sagt die Korrespondentin. Aber auch in Genf gebe es unzählige Schwarze, die schilderten, derartige Erfahrungen gemacht zu haben. Statistiken dazu gebe es aber keine.
Demonstrierende wollen «Gerechtigkeit für Mike»
Im Zentrum der Diskussion steht dabei auch ein Fall von möglicher Polizeigewalt in der Westschweiz. Der Tod eines Nigerianers 2018 in Lausanne nach einem Zugriff der Polizei wurde an der Demonstration in Genf auf Plakaten ebenfalls thematisiert. An ihn war auch schon an der Demonstration am Sonntag in Lausanne erinnert worden. «Da waren entsprechende Plakate zu sehen, die ‹Gerechtigkeit für Mike›, für diesen verstorbenen Mann, forderten», sagt die Korrespondentin.
«Mike» war vor gut zwei Jahren nach einem Polizeieinsatz im Spital verstorben. Offenbar litt er an gewissen Vorerkrankungen. Wie und ob sein Tod mit dem Polizeieinsatz zusammenhängt, sei Gegenstand einer laufenden Strafuntersuchung, so Colpi. Die Verfahren gegen die beteiligten Polizisten sind noch nicht abgeschlossen.