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Schweizer Botschafter Jacques Pitteloud: «Europa hat ein falsches Bild von den USA»

Der US-Wahlkampf wird hierzulande mit Spannung verfolgt. Doch wie relevant ist der Ausgang für die Schweiz? Seit 2019 wurden die Schweizer Interessen in Washington von Jacques Pitteloud vertreten. Seine Amtszeit als Schweizer Botschafter in den USA endete Anfang August. Im Interview blickt er auf fünf bewegte Jahre zurück.

Jacques Pitteloud

Schweizer Botschafter

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Jacques Pitteloud amtete seit Herbst 2019 als Schweizer Botschafter in den USA. Anfang August 2024 ist seine Amtszeit zu Ende gegangen. Anfang März 2024 ist er vom Bundesrat zum ausserordentlichen und bevollmächtigten Botschafter in Belgien ernannt worden. Pitteloud wird zudem der ständige Nato-Vertreter der Schweiz sein.

SRF News: Ist es für die Schweiz entscheidend, wer in den USA an der Macht ist?

Jacques Pitteloud: Es gibt die Mär, dass die Republikaner der Schweiz freundlicher gegenüberstünden als die Demokraten. Ich glaube, das hängt damit zusammen, dass während der einzigen Krisen, die die Schweiz mit den USA hatte, zufälligerweise die Demokraten an der Macht waren (Krise um die nachrichtenlosen Vermögen, Bankenkrise, Anm. d. Red.). Tatsache ist aber, dass vor allem die gemeinsamen Interessen die bilaterale Politik prägen und es für die Schweiz in den bilateralen Beziehungen keine Rolle spielt, ob Demokraten oder Republikaner an der Macht sind.

In den USA geht es aufwärts, und zwar so rasant, dass Europa sich in Acht nehmen muss.

Ansonsten schon?

Es kommt auf die Sektoren an. Zum Beispiel in der für die Schweiz wichtigen Handelspolitik unterschied sich die Politik der Trump-Administration kaum von jener der Biden-Administration. Wer auch immer gewinnt, die Zeichen stehen im Moment eher auf Protektionismus und Isolationismus. In der Aussenpolitik gibt es verschiedene Akzente, aber die Unterschiede sind relativ klein. Ich denke, die China- oder EU-Politik wird sich nur in der Tonalität unterscheiden. Geht es hingegen um die Nato, können wir von den Demokraten mehr Stabilität erwarten.

Wie haben Sie die USA in den vergangenen fünf Jahren wahrgenommen?

Derzeit findet eine wirtschaftliche und wissenschaftliche Revolution statt, die die europäische Entwicklung in den Schatten stellt. Texas alleine ist zum Beispiel inzwischen zur achtgrössten Volkswirtschaft der Welt aufgestiegen. Der Süden der USA ist erwacht, neue Wirtschafts- und Wissenschaftszentren entstehen.

Viele waren schon einmal in New York, verstehen die Sprache und meinen deshalb, sie wüssten, wie es in Amerika laufe.

In den USA geht es aufwärts, und zwar so rasant, dass Europa sich in Acht nehmen muss. Andererseits gibt es eine enorme Polarisierung. Die amerikanische Bevölkerung ist in zwei Lager gespalten, die sich, übertrieben gesagt, hassen. Je weiter wir in der amerikanischen Geschichte zurückblicken, desto mehr sehen wir aber, dass es diese Zyklen immer wieder gegeben hat. Sie entstehen, weil die USA das einzige Land der Welt ist, das sich regelmässig selbst erneuert.

Haben wir in Europa einen falschen Blick auf die USA?

Absolut. Wir konzentrieren uns auf die Probleme und schauen zu wenig auf das, was wirklich gut läuft. Es ist in Europa üblich, Experten zurate zu ziehen, wenn es um China oder die arabischen Länder geht. Aber zu den USA hat jeder eine Meinung. Viele waren schon einmal in New York, verstehen die Sprache und meinen deshalb, sie wüssten, wie es in Amerika laufe.

Kürzlich hat in Washington ein Schweizer Sportschuhhersteller einen Lauf veranstaltet, der mit einem Apéro am Pool der Schweizer Botschaft endete, offeriert vom Bund. Braucht es solche Aktionen?

Ja, wir haben den Verfassungsauftrag, zur Erhaltung des Wohlstandes in der Schweiz beizutragen. Dazu gehört auch die Erschliessung neuer Märkte. Wir nutzen all unsere Möglichkeiten, um die Interessen der Schweiz zu vertreten. In den vergangenen fünf Jahren sind wir zu einer der beliebtesten Botschaften in Washington geworden, weil wir die besten und interessantesten Partys organisiert haben, an denen wichtige Kontakte geknüpft werden konnten.

Das Gespräch führte Simone Hulliger, Mitarbeit Géraldine Jäggi.

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