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Schweizer Corona-Massnahmen Corona-Management: Das Scheitern der Politik in der Krise

Es mag nicht differenziert sein, aber Politik ist Politik: Parlament, Bundesrat, Kantone – gehört alles zusammen. «Die Politik» bestimmt massgeblich, wie wir mit der Pandemie umgehen – und ganz allein, was wir weiterhin nicht dürfen. Die Politik gibt vor, Bevölkerung und Unternehmen setzen um. So funktioniert das Pandemiemanagement per Gesetz, das wir gemeinsam (per Abstimmung) beschlossen haben.

Aber es funktioniert eben nicht. Die Politik macht ihren Job nicht vorbildlich. Neustes Beispiel: Testen, testen, testen. Das gibt «die Politik» der Bevölkerung vor. Aber 30 Prozent der National- und Ständeräte haben ohne sich testen zu lassen drei Wochen auf engstem Raum im Parlament geredet, gezankt und Gesetze beschlossen. Gesetze für die anderen, so scheints. Testen, testen, testen? Gut für die Bevölkerung, zu umständlich für jeden dritten Bundesparlamentarier.

Dabei standen die Testinseln mitten im Bundeshaus, keine Politikerin und kein Politiker hätte auch nur zehn Extraschritte aus dem Parlament gehen müssen. Nichts weiter als in einen Papiertrichter spucken hätten sie müssen, um selber vorzumachen, was sie von acht Millionen Bürgerinnen und Bürgern erwarten. Die Leitung des Parlaments hat das Testen den Parlaments-Kollegen «wärmstens empfohlen» – für Schüler und Schülerinnen im Kanton Zug ist es obligatorisch (Spuckquote: 99 Prozent).

Selber in ein Tütchen zu spucken ist für Politiker scheinbar komplizierter, als tausende Betriebe zu schliessen. Ja, das ist brutal verkürzt und polemisch. Und ja, man kann unmöglich alle Politikerinnen und Politiker in einen Topf werfen.

Vorausschauendes Management geht anders

Aber umgekehrt: Die Politik tut das auch. Differenzierungen bei Terrassen? Geht nicht. Passgenaue Pandemieverordnungen für einzelne Branchen? Unmöglich. Das Pandemiemanagement muss verallgemeinern, das ist so. Aber Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen dürfen im Gegenzug kluges und vorausschauendes Management seitens der Politik erwarten. Das Land nämlich ist darauf angewiesen, buchstäblich auf Gedeih und Verderb.

Die Erwartungen aber werden immer wieder enttäuscht. Beispiel Impfpass. Dass die Impfung das nützlichste Tool in der Pandemiebekämpfung sein wird, ist seit einem Jahr klar. Dass es einen Impfpass brauchen wird, diskutiert man seit Monaten. Aber «die Politik» vergass, gesetzlich vorzubereiten, dass Geimpfte für einen Impfpass auch erfasst sein müssen. Vorausschauendes Management geht anders.

Das gilt auch für den verstolperten Impfstart: Ja, die Impfungen kamen früher als erhofft, problemlos aber hätte die Politik (hier die Kantone) noch früher alles vorbereiten können, damit beim Start alles klappt und nicht an überlasteten Servern scheitert. So ginge vorausschauendes Management (was «die Politik» bei Unternehmen als selbstverständlich voraussetzt).

Testen, testen, testen war schon im ersten Shutdown eine Losung, die selbst Bundesbern ausgab. Aber es dauerte fast ein Jahr (5. März 2021), bis Bundesbern eine nationale Teststrategie nachreichte.

Gute Absicht reicht nicht

Das Masken-Debakel oder die Daten-Peinlichkeiten müssen für diesen Ärger-Text gar nicht aufgeführt werden. Und auch nach Israel schauen wir lieber nicht.

Laut der aktuellen SRG-Umfrage waren bis vor wenigen Tagen 44 Prozent der Deutschschweizer mit den Covid-Massnahmen einverstanden, 43 Prozent gingen sie eher zu weit oder viel zu weit. Das könnte nach dem Nicht-Öffnungsentscheid des Bundesrats vom Freitag gekippt sein.

Um die Bevölkerung weiterhin mitzunehmen, reicht die gute Absicht nicht. «Die Politik» muss auch Pandemie-Management können und Politiker wenigstens die Vorgaben der Politik selber ernst nehmen. Wenn Bundesparlamentarier sich noch nicht einmal auf einen frei Haus gelieferten Test einlassen, wirken alle Verbote wie ein Hohn.

Michael Perricone

Chef vom Dienst, SRF Newsroom

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Michael Perricone ist Chef vom Dienst in SRF Newsroom und gibt am Medienausbildungszentrum MAZ einen Kurs für Journalistinnen und Journalisten zum Umgang mit PR. Er hat 2011 als Leiter Ressort Politik bei der «Blick»-Gruppe gearbeitet.

Heute Morgen, 19.3.2021, 6 Uhr

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