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Sitz im Bundesrat Die Zürcher SVP – das Ende der Macht?

Jahrelang dominierte die kantonale Sektion die Schweizer Politik. Zuletzt schien die Magie verloren. Nun soll Hans-Ueli Vogt den Zürcher Bundesratssitz sichern. Eine Verlegenheitslösung oder ein Zeichen der Zeit?

Zwei Berner, eine Nidwaldnerin und ein Zuger: Das waren bis heute die Kandidaten für die Nachfolge von Ueli Maurer. Das machtbewusste Zürich? Fehlanzeige.

Mit Hans-Ueli Vogt überraschte die kantonale Findungskommission nun alle. Der Rechtsprofessor aus Zürich passt so gar nicht ins Bild der Volkspartei. Sein freiwilliger Rücktritt aus dem Parlament vor knapp einem Jahr hatte zudem für Aufsehen gesorgt.

SVP Hans-Ueli Vogt, links, spricht mit Domenik Ledergerber und Rita Fuhrer
Legende: Hans-Ueli Vogt, links, spricht mit dem Zürcher SVP-Präsident Domenik Ledergerber und Alt-Regierungsrätin Rita Fuhrer an der Medienkonferenz zu seiner Bundesratskandidatur. KEYSTONE/Ennio Leanza

Spiegelt seine Wahl also die Malaise des einstigen Machtzentrums oder einen Kurswechsel innerhalb der Partei wider?

Die Machtbasis am Zürichsee

Der Aufstieg der SVP in den 1990er-Jahren war eng mit dem Standort Zürich verbunden. Angeführt von Parteidoyen Christoph Blocher setzte sich die Kantonssektion mit ihrer harten Linie immer wieder gegen parteiinternen Widerstand durch. Kein Europa, weniger Einwanderung, tiefe Steuern: Es waren die Zürcher, die diese Marschroute mantraartig verteidigten.

Wirtschaftspolitisch entwickelte sich die Partei weg vom staatstragenden Stil aus Zeiten der Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei (BGB), hin zu streng marktliberalen und staatskritischen Positionen. Der Streit über die Ausrichtung der Partei mit dem Berner Flügel wurde mehrfach öffentlich ausgetragen.

Prominente Köpfe der Zürcher SVP

Doch die Erfolge der Zürcher Sektion sorgten gemäss dem Politologen Michael Hermann auch dafür, dass sich neben der Überfigur Christoph Blocher nur wenige prominente Köpfe dauerhaft etablieren konnten. Das wochenlange Zögern der Parteileitung zuletzt habe gezeigt, in welcher Verfassung sich die kantonale Sektion befinde. «Es waren offenbar zu wenig Leute da, die die Kompetenzen mitbringen oder effektive Wahlchancen hatten.»

Die Volkspartei und der Professor: Geht das?

Nun soll es also Hans-Ueli Vogt richten. Einen Namen machte sich der Rechtsprofessor zunächst im Abstimmungskampf zur Selbstbestimmungsinitiative («Fremde Richter») 2018, die vom Volk abgelehnt wurde. Im Parlament konnte er sich bei der Ausarbeitung eines indirekten Gegenvorschlags zur Konzernverantwortungsinitiative einbringen.

Das ist Hans-Ueli Vogt

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SVP Hans-Ueli Vogt spricht an einer Medienkonferenz
Legende: KEYSTONE/Ennio Leanza

1969 geboren, wuchs Vogt im Zürcher Oberland auf. Auf ein Jusstudium folgten Auslandstationen, darunter in den USA und in Italien. Seit 2013 ist er ordentlicher Professor für Privat- und Wirtschaftsrecht an der Universität Zürich. Auch militärisch machte Vogt Karriere: Er hat den Rang des Oberstleutnants inne.

Seinen Einstieg in die Politik fand vor gut einem Jahrzehnt statt. 2011 wurde er ins Zürcher Kantonsparlament gewählt, wo er vier Jahre lang die Partei vertrat. 2015 folgte der Schritt nach Bern. Für den Sprung in den Ständerat reichte es aber nicht aus. Stattdessen musste sich Vogt mit der grossen Kammer begnügen. 2021 trat er dort freiwillig zurück.

Ende 2021 dann der Bruch: Vogt trat überraschend zurück. Als Grund gab er eine Entfremdung vom parlamentarischen Betrieb an.

Die Wahl Vogts zeigt: Die SVP Zürich ist in Not.
Autor: Michael Herrmann Politgeograf, Geschäftsführer des Forschungsinstituts Sotomo

Es ist denn auch dieser spektakuläre Ausstieg aus der Politik, der vom Politologen als grosser Schwachpunkt in der Kandidatur des 52-Jährigen ausgemacht wird. «Vogt will genau von dem Rat gewählt werden, aus dem er vor wenigen Monaten ausgetreten ist.» Dass die Partei auf ihn zurückgreife, deute auf eine gewisse Not innerhalb der Zürcher SVP hin.

Ein Bundesrat für die Städte?

Alt Regierungsrätin Rita Fuhrer, die der Findungskommission vorstand, betont, dass Vogt schon bei seinem Rücktritt erklärt hatte, für ein Exekutivamt zur Verfügung zu stehen. Sie lobt die fachlichen und menschlichen Qualitäten des Juristen. Seine Wahl zeige, dass die SVP eine «wahre Volkspartei» sei, die sowohl die städtischen, als auch die ländlichen Gebiete vertrete.

In den vergangenen Jahren bewirtschaftete die Partei aktiv das Bild eines Stadt-Land-Grabens. Dafür gab es parteiintern aber auch Kritik. In den grossen Städten des Landes ist die Partei praktisch inexistent. Ihre Themen scheinen bei der Wählerschaft wenig Anklang zu finden.

Wir sind eine Partei, in der jeder ein Zuhause finden kann.
Autor: Camille Lothe Präsidentin SVP, Stadt Zürich

Dass mit Vogt ein Stadtzürcher ins Rennen um den Bundesratssitz steigt, freut die Präsidentin der SVP Stadt Zürich, Camille Lothe. Neben dem Landwirt Guy Parmelin würde sich im Fall einer Wahl Vogts ein Städter und Akademiker gesellen. Damit dürfte ein Signal an die Wählerinnen und Wähler gesendet werden: «Wir sind eine Partei, in der jeder ein Zuhause finden kann.»

Ist die Wahl Vogts also ein strategischer Entscheid hin zu einer neuen, urbaneren Ausrichtung der SVP? Politologe Herrmann zweifelt daran. «Die Zürcher SVP brauchte einfach einen Kandidaten, um ernst genommen zu werden.»

Tagesschau, 19.10.22, 13 Uhr

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