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Axpo steht mit Milliarden-Solarprojekt unter Zugzwang
Aus Echo der Zeit vom 22.11.2022. Bild: KEYSTONE/Gian Ehrenzeller
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Solaroffensive des Bundes Stromkonzern Axpo will Solarenergie massiv ausbauen

Die Axpo will Solaranlagen in den Alpen und im Schweizer Mittelland bauen. Diese sollen vor allem im Winter viel Strom liefern. Auch Konkurrenzprojekte sind geplant.

Worum geht es? Der grösste Schweizer Stromkonzern, die Axpo, will bis 2030 neue Solaranlagen mit einer Leistung von 1200 Megawatt installieren. Das entspricht dem Stromverbrauch von rund 300'000 Haushalten. Die Axpo will die Solarenergie im Mittelland und in den Alpen ausbauen.

Wie viele Anlagen sind geplant? In den Alpen sollen in einer ersten Phase bis zu zehn grosse Solarparks entstehen, die vor allem im Winter viel Strom liefern. Weiter seien pro Jahr rund 600 kleinere und mittlere Dachanlagen geplant, sagt Axpo-Chef Christoph Brand.

Solarprojekt der Axpo am Stausee Mutt
Legende: Die Axpo hat in den vergangenen Jahren Erfahrungen mit grossen Anlagen im Ausland gemacht. Und am Muttsee im Kanton Glarus hat sie bereits eine kleinere alpine Solaranlage realisiert. «Alpinsolar» ist mit 2.2 Megawatt Leistung die grösste alpine Solaranlage der Schweiz. Keystone/Gian Ehrenzeller

Wo sind die alpinen Anlagen geplant? Die Axpo hat bislang zehn Standorte für alpine Anlagen ausfindig gemacht. Weitere sollen dazu kommen. Die meisten Projekte befinden sich allerdings erst in einer sehr frühen Entwicklungsphase. Konkret geplant ist eine Alpinanlage im Kanton Graubünden in einem Seitental der Surselva beim Stausee Nalps. Ein erster Teil der Anlage soll – Stand heute – im Herbst 2025 ans Netz gehen.

Wie gross ist das Nalps-Projekt im Vergleich zum Axpo-Engagement im Ausland? Im Vergleich zum Ausland ist diese Anlage winzig. Im Ausland hat die Axpo aktuell Solaranlagen mit einer Leistung von 200 Megawatt installiert. Die Anlage Nalps in den Bündner Bergen hätte einen Umfang von zehn Megawatt. Es bräuchte 20 solcher Anlagen, um auf die gleiche Menge wie im Ausland zu kommen.

Stausee Nalps, umgeben von Grün, von oben fotografiert.
Legende: Aus Sicht der Axpo sind die Voraussetzungen beim Stausee Nalps ideal: «Wir haben dort bereits ein Kraftwerk. Das Land gehört uns. Die entsprechenden Leitungen sind vorhanden, um den Strom abzuführen. Ganz viele Aspekte machen diesen Standort sehr geeignet», sagt Axpo-Chef Brand. Keystone/Alessandro Della Bella

Sind weitere alpine Solarprojekte geplant? Auch andere Energiekonzerne haben bereits Projekte präsentiert oder für die kommenden Wochen angekündigt. Diese Aufbruchstimmung hat auch damit zu tun, dass die Politik solche alpinen Solaranlagen mittels einer Solaroffensive fördern will. So sollen bis zu 60 Prozent der Investitionskosten durch die öffentliche Hand getragen werden. Die meisten Projekte sind bisher nur Ideen auf dem Papier. Ein bewilligungsfähiges Projekt wurde bislang nirgends eingereicht. Am weitesten fortgeschritten ist das Projekt «Gondosolar» im Wallis.

Welche Schwierigkeiten sind zu erwarten? In hochalpinen Gebieten sind die Zeitfenster für den Bau saisonal bedingt sehr klein. Zudem müssen alle Komponenten vorhanden sein. Politisch gesehen sorgt die Solaroffensive für Druck; die Subventionen und einfachere Bewilligungsverfahren gelten befristet für drei Jahre. Die Solaroffensive gilt zudem nur, bis Anlagen mit einer Stromproduktion von zwei Terawattstunden gebaut sind. Dieser Zeitdruck dürfte nicht zwingend den besten Projekten zum Durchbruch verhelfen.

Die Reaktionen auf den solaren Wettlauf

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Jürg Rohrer schaut mit unguten Gefühlen auf den Wettlauf in den Bergen. Er ist Professor an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften und forscht zu alpinen Solarparks. Die strafferen Bewilligungsverfahren und die üppigen Subventionen führen seiner Meinung dazu, dass «Projekte, welche suboptimal sind, wirtschaftlich attraktiv werden». Man wolle ja auch die Natur schonen. «Wenn man einfach die schnellsten Projekte fördert, vergibt man sich die Chance, die besten Projekte auszuwählen.» Rohrer hat dem Bundesrat ein Konzept vorgelegt, wie sich Solarparks priorisieren liessen. Vorrang hätten Projekte mit wenig Beton, wenig Eingriffen, aber bestmöglicher Leistung.

Fördert die Solaroffensive also die falschen Projekte? Axpo-Chef Christoph Brand winkt ab und sagt, der Markt werde es richten: «Wenn Sie ein Projekt machen, welches besonders komplex und teuer wird, ist die Chance, dieses Projekt realisieren zu können, automatisch kleiner. Abgesehen davon können wir es uns nicht leisten, ‹schnäderfrässig› zu sein, denn wir brauchen jede Anlage

Renato Tami ist nicht ganz so unbesorgt. Er entwickelt mit der Interessensgemeinschaft Solalpine Ideen für Solarparks, früher war er Geschäftsführer der Strom-Aufsichtsbehörde Elcom. Tami befürchtet, die Schweiz könnte die gleichen Fehler machen wie vor einigen Jahren bei der Windenergie: «Da wurden Windturbinen in der Nähe von Siedlungen geplant. Und das hat dann den Widerstand der Bevölkerung hervorgerufen. Ich wünsche mir, dass man bei der alpinen Fotovoltaik nicht die gleichen Fehler macht.» Der Solarpark-Entwickler will Tempo, genauere Regeln allerdings fände er auch gut.

Für FDP-Ständerat Ruedi Noser zählt das Tempo: «Welche Anlagen können wir 2024 ans Netz nehmen? Das ist die entscheidende Frage. Tempo ist im Moment eines der wichtigsten Kriterien

Uneinig sind sich die Linken. SP-Fraktionschef Roger Nordmann will keine weiteren Hürden auf dem Weg zum Fördertopf: «Die Idee des Gesetzes ist, dass man eine begrenzte Menge macht, aber schnell. Wenn die Umweltgesetze eingehalten sind, ist es sehr subjektiv, ob es auf die eine oder andere Weise besser ist.»

Grünen-Nationalrat Bastien Girod hingegen findet, man müsse sich schon überlegen, «ob man da nicht bessere Kriterien hat als ‹wer zuerst kommt, bekommt die Zusage›. Oder ob man auch Anschluss und Umwelt berücksichtigen kann».

In Bundesbern ist zu hören: Es laufe eher auf freie Fahrt hinaus für die schnellsten Projekte. In wenigen Wochen entscheidet der Bundesrat, wie er die Solaroffensive umsetzen will. Danach beginnt das Wettrennen um die Solar-Fördergelder.

Was sagen Naturschützer zu den Projekten? Die Umweltschutzorganisationen betrachteten diese Solaroffensive der Axpo sehr kritisch, erklärt SRF-Wirtschaftsredaktor Matthias Heim. Sie sähen viele Sparmöglichkeiten und jede Kilowattstunde, die nicht verbraucht wird, müsse auch nicht produziert werden. Bei den einzelnen Projekten komme es stark darauf an, wie und wo sie gebaut werden. Die Skepsis bei Vorhaben in unberührter Natur sei viel grösser, als wenn Solaranlagen in bereits erschlossenen Gebieten gebaut werden, beispielsweise in einem Skigebiet.

SRF 4 News, Rendez-vous, 22.11.2022, 12:30 Uhr;

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