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Sozialstandards für LKW-Fahrer «Das ist alles Schaumschlägerei der EU»

Die EU will die Arbeitsbedingungen für LKW-Fahrer verbessern. SVP-Nationalrat Ulrich Giezendanner glaubt nicht an den Erfolg.

Die EU-Verkehrsminister wollen die Arbeitsbedingungen für Lastwagenfahrer verbessern. So soll für gleiche Arbeit am gleichen Ort gleicher Lohn bezahlt werden. Zudem sollen die Fahrer nicht mehr in den Kabinen schlafen dürfen. Ulrich Giezendanner, Aargauer SVP-Nationalrat und Transportunternehmer, glaubt nicht an den Erfolg dieser Sozialstandards.

Ulrich Giezendanner

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Der Aargauer Transportunternehmer sitzt seit 1991 für die SVP im Nationalrat. Seit vielen Jahren setzt sich der 65-Jährige für politische Anliegen rund um Autos, Strassen und Schwerverkehr ein. Zum Beispiel als Mitglied der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen. Er tritt bei den eidgenössischen Wahlen 2019 nicht mehr an.

SRF NEWS: Was sagen Sie zu den neuen EU-Richtlinien?

Ulrich Giezendanner: Für uns Schweizer wäre es sehr gut, wenn es höhere Löhne gäbe im Ausland. Und mit mehr Möglichkeiten zum Parkieren hätten wir weniger Probleme. Nur ist das Ganze leider reine Theorie.

Sie sagen, das sei nur Theorie. Weshalb?

Ein rumänischer Fernfahrer verdient heute, wenn es gut geht, 600 Euro. Jetzt müsste er, wenn er in die Schweiz fährt, auf den Lohn eines Schweizers kommen: 5500 bis 6000 Franken. Dann hätte er dreimal so viel Lohn wie ein Arzt in Rumänien. Das ist völliger Unsinn, das wäre gar nicht möglich.

Chauffeuren-Verband bleibt äusserst skeptisch

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Auch beim Berufsverband der Schweizer Chauffeure, «Les Routiers Suisses», will man nicht so recht an die Wirkung der geplanten EU-Regeln gegen Lohndumping glauben. So begrüsst David Piras, Generalsekretär der «Routiers» zwar, dass die EU das Problem erkannt habe und angehen wolle. Doch an eine Umsetzung glaubt er nicht. Vielleicht würden gute Löhne deklariert – aber bezahlt würden sie nicht wirklich, ist er überzeugt.

Die Löhne der Schweizer Chauffeure blieben weiterhin unter Druck, weil das Lohngefälle zu den EU-Ländern so nicht verschwinden werde. Das Problem seien Chauffeure aus osteuropäischen Ländern, die als Grenzgänger in der Schweiz angestellt seien und für deutlich weniger als die hier üblichen 5000 bis 6500 Franken pro Monat fahren. Es brauche mehr Kontrollen, damit diese «falschen Grenzgänger» entlarvt würden. Ausserdem brauche es endlich einen schweizweiten Gesamtarbeitsvertrag für die Transportbranche, so Piras.

Würden Sie als Schweizer Transportunternehmer profitieren, weil Sie international konkurrenzfähiger würden dank dieser Arbeitsbedingungen?

Das ist so, es ist eine gute Nachricht für mich als Schweizer Transportunternehmer, weil wir im internationalen Verkehr Mühe haben mit der Konkurrenz aus dem Ausland. Nur ist es so: Diese Standards, das ist Schaumschlägerei innerhalb der EU.

Diese Standards, das ist Schaumschlägerei innerhalb der EU.

Die anderen Staaten, Frankreich oder die Oststaaten, werden noch aufheulen. Darum wird diese akzeptable Konkurrenzsituation nie eintreffen. Leider.

Das andere Thema sind die Übernachtungen – heute schlafen viele Lastwagenfahrer in ihren Kabinen hinter dem Führerstand. Neu sollen Unternehmen verpflichtet werden, Unterkünfte für die Fahrer zu bezahlen. Was sagen Sie dazu?

Vom Sozialen her finde ich das verständlich. Fahrer dürfen heute schon nicht in der Kabine übernachten am Wochenende. Jetzt will man das ganz verbieten. Dann müssen aber Parkplätze und Hotels zur Verfügung stehen. Die fehlen vor allem im Ausland. In der Schweiz hingegen ist man vorbildlich, baut Parkplätze mit WC und Duschanlagen.

Die Fahrer wollen lieber in Kabinen schlafen.

Aber bereits heute gibt es ja auf vielen Raststätten in EU-Ländern günstige Hotels. Da könnten doch die Fahrer untergebracht werden?

Ja, diese Plätze reichen für etwa fünf Prozent der Fahrer. Schauen Sie sich diese Hotels an! Die sind komplett überfüllt, aber nicht mal mit Fernfahrern, sondern mit Reisenden. Die Fahrer wollen lieber in Kabinen schlafen. Die sind heute so komfortabel wie ein Wohnmobil, beheizt und mit Wasser, der Fahrer will da gar nicht raus.

Was denken Sie, wie wird das die europäische Transportbranche verändern?

Wenn dieses Gesetz eingeführt würde – was nie passiert, es ist reine Utopie – dann würde ich mich sehr freuen und die Transportbranche würde 30 bis 40 Prozent teurer. Das würde mich als Schweizer nicht stören, im Gegenteil. Aber eben, dagegen wird es Widerstand geben im EU-Parlament. Leider. Ich tippe darauf, dass die mit 70 zu 30 verlieren.

Das Gespräch führte Noëmi Ackermann.

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