Die Herbstsession der eidgenössischen Räte begann heute Nachmittag hinter Plexiglasscheiben. Zur ehrwürdigen Atmosphäre mit dem edlen Holz der Parlamentssitze und -pulte gesellen sich nun also Schutzwände. Ständeratspräsident Hans Stöckli über die historische Herbstsession und die Kompetenzen von Bundesrat und Parlament.
SRF News: Herr Stöckli, Sie haben nun erste Erfahrungen im «Plexiglas-Aquarium», wie Sie es selbst nennen, sammeln können. Was sind Ihre Eindrücke?
Hans Stöckli: Ich bin positiv überrascht, der Betrieb hat perfekt begonnen. Die Debatte wird durch das Plexiglas nicht beeinträchtigt. Im Gegenteil: Man fühlt sich sicherer. Die Rückkehr ins Parlament ist somit geglückt.
Das Sicherheitspersonal, die Leute aus den Parlamentsdiensten, aber auch einige Politiker tragen Masken, wenn sie nicht im Parlamentssaal sind. Wieso wurde keine generelle Maskenpflicht angeordnet?
Die Selbstverantwortung hat auch einen Stellenwert. Gleichzeitig hat man alle auf ihre Verantwortung hingewiesen und ihnen dringend empfohlen, eine Maske zu tragen. Für einen Parlamentarier kommt das einer Maskentragpflicht sehr nahe.
Was geschieht, wenn in den kommenden Tagen ein Ratsmitglied positiv getestet werden würde?
In diesem Fall müsste die entsprechende Person uns das sofort melden, bevor anschliessend das Contact Tracing durch die Kantonsärzte aufgenommen wird.
Der Bundesrat hat bisher jedes Versprechen, das wir mit ihm abgemacht haben, eingehalten.
Wenn ein Parlamentarier sich nicht an die Regeln hält, beispielsweise die Plexiglasumrandung aufschliesst oder ausserhalb des Ratssaals die Maske nicht trägt, kann es sein, dass sich dieser ebenfalls 10 Tage in Quarantäne begeben muss.
Aber nicht das ganze Parlament?
Das wird jeweils im Einzelfall entschieden werden.
In der Herbstsession wird das Covid-Gesetz behandelt. Häufig wird kritisiert, dass der Bundesrat viel zu viel allein entscheiden könne, ohne Parlament und Volk fragen zu müssen. Haben Sie nicht Angst vor einer schleichenden Entmachtung des Parlaments?
Überhaupt nicht, der Bundesrat hat bisher jedes Versprechen, das wir mit ihm abgemacht haben, eingehalten. Die Umsetzungsgesetzgebung wurde dem Parlament sogar früher als nötig vorgelegt.
Auch bei einer neuen Pandemie wird das Parlament seinen Betrieb völlig normal fortsetzen.
Wir als Parlament hatten die Möglichkeit, jedes einzelne Gesetz zu ändern, oder eben einem Rahmengesetz zuzustimmen, welches die zeitlich befristeten Massnahmen beschliesst. Der Bundesrat ist verpflichtet, das Parlament bei jeder Verordnung zu konsultieren und auch die Kantone miteinzubeziehen.
War es im Nachhinein richtig, den Parlamentsbetrieb im Frühjahr zu unterbrechen?
Zu dieser Zeit gab es 1000 Neuansteckungen. Wir wussten, dass der Bundesrat die ausserordentliche Lage beschliessen würde. Die grosse Mehrheit der Fraktionspräsidenten wollte zudem nicht mehr an die Session kommen.
Was würde bei einem erneuten Lockdown in der Herbstsession geschehen?
Das Problem mit den Neuansteckungen haben wir nun mit den Plexiglasscheiben und den Masken gelöst. Auch bei einer neuen Welle wird das Parlament seinen Betrieb völlig normal fortsetzen.
Das Gespräch führte Gion-Duri Vincenz.