Am Freitag beginnt in Mollis im Glarnerland ein Event der Superlative: Am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest (ESAF) werden 350'000 Besucherinnen und Besucher erwartet. Für sie stehen 270’000 Liter Bier, 5000 Liter Schnaps und fast eine halbe Million Würste bereit.
Die riesige Veranstaltung kann auch dank der Unterstützung der Armee und des Zivilschutzes durchgeführt werden. Über 8900 Diensttage werden in Glarus verrichtet.
Aber wie kommt es eigentlich, dass der Zivilschutz für einen privaten Anlass anrückt? Laut dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz (Babs) ist er nämlich ein Instrument der Kantone und Gemeinden, um Katastrophen und Notlagen zu bewältigen. Eine Definition, die kaum auf das Eidgenössische zutrifft.
Wann dient ein Einsatz der Gemeinschaft?
Allerdings kann der Zivilschutz auch Einsätze «zugunsten der Gemeinschaft» leisten. Zum Beispiel an Grossanlässen. Und hier kommt das ESAF ins Spiel. Dass der Zivilschutz bei solchen «Grösstanlässen» tatkräftig mithilft, ist Schweizer Tradition:
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Bild 1 von 3. Mitanpacken beim Tribünenbau: Zivilschützerinnen und Zivilschützer standen auch beim Eidgenössischen Turnfest in Aarau (2019) im Einsatz. Bildquelle: Keystone/Urs Flüeler.
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Bild 2 von 3. Vor drei Jahren krempelten sie im Goms die Ärmel hoch, um das bisher grösste Pfadi-Lager zu ermöglichen. Bildquelle: Keystone/Gabriel Monnet.
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Bild 3 von 3. Nicht nur, damit die Ski glatt laufen: Auch für das Lauberhornrennen in Wengen rücken alljährlich Zivilschutz und Armee an. Bildquelle: Keystone/Peter Schneider.
Bei Mega-Events wie dem ESAF müssen die Veranstalter mindestens ein Jahr vor der Durchführung ein Gesuch beim zuständigen Kanton einreichen. Dieses wird dann vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz geprüft. Geht es um kleinere Einsätze des Zivilschutzes, liegt die Zuständigkeit bei den Kantonen.
Ein Zivilschützer soll nicht eine billige Arbeitskraft sein. Er soll eine klare Aufgabe haben und im Einsatz etwas lernen können.
Eine, die bei Zivilschutz-Einsätzen genau hinschaut, ist SP-Sicherheitspolitikerin Priska Seiler Graf. «Die Frage, was unter dem Banner ‹zugunsten der Gemeinschaft› läuft, gibt durchaus Anlass zu Diskussionen», sagt die Zürcher Nationalrätin. «Es darf natürlich nicht sein, dass man versucht, über den Zivilschutz Kosten zu sparen.»
Sie stellt zudem klar: «Ein Zivilschützer soll nicht eine billige Arbeitskraft sein. Er soll eine klare Aufgabe haben und im Einsatz etwas lernen können.» Wer unliebsame Arbeiten gerne outsourcen würde, ist beim Zivilschutz also an der falschen Adresse. Und auch, wer Glaceverkäufer oder Parkplatzeinweiser sucht.
Einsatz laut Bund gerechtfertigt
Der Ausbildungscharakter des ESAF-Einsatzes ist für Daniel Jordi, Vizedirektor des Bundesamts für Bevölkerungsschutz, gegeben. So hätten Zivilschutz-Dienstleistende in Mollis Fahr- und Gehwege erstellt sowie Trink- und Abwasserleitungen gelegt. Oder dabei geholfen, das Kommunikationsnetzwerk einzurichten. «Das sind Dinge, die es auch in einer Katastrophennotlage braucht», sagt Jordi.
Dass der Zivilschutz-Einsatz beim ESAF angemessen ist, sieht auch Seiler Graf so: «Bei solch riesigen Anlässen braucht es die Hilfe aller.» Die Gefahr, dass der Zivilschutz zum Selbstbedienungsladen wird, bestehe aber durchaus. Letztlich sei die Grenzziehung, wann ein Einsatz gerechtfertigt sei und wann nicht, schwierig.
Letztlich sieht die SP-Nationalrätin Bund und Kantone in der Pflicht. Diese sollten von Veranstaltern auch die Rechnung zu verlangen, um zu sehen, ob ein Gewinn resultiert und wie hoch dieser ausgefallen sei. «Grauzonen-Einsätze», ja sogar Missbräuche, vermutet Seiler Graf aber eher bei kleineren Anlässen in Gemeinden. «Ich habe den starken Verdacht, dass der Zivilschutz hier viel eher für Arbeiten beigezogen wird, die man einsparen will.»