Zum Inhalt springen

Header

Zur Übersicht von Play SRF Audio-Übersicht

Staatshilfe für Privatanlass Warum rückt eigentlich der Zivilschutz fürs Eidgenössische an?

Am Mega-Event im Glarnerland helfen auch 1250 Zivilschutzangehörige mit. Ihre «Gratisarbeit» unterliegt jedoch strengen Kriterien.

Am Freitag beginnt in Mollis im Glarnerland ein Event der Superlative: Am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest (ESAF) werden 350'000 Besucherinnen und Besucher erwartet. Für sie stehen 270’000 Liter Bier, 5000 Liter Schnaps und fast eine halbe Million Würste bereit.

Die riesige Veranstaltung kann auch dank der Unterstützung der Armee und des Zivilschutzes durchgeführt werden. Über 8900 Diensttage werden in Glarus verrichtet.

Zivilschutz-Dienstleistender
Legende: Für Vorbereitung, Durchführung und Abbau stehen laut dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz 1250 Angehörige des Zivilschutzes im Einsatz. Dafür fallen Kosten von maximal 180'000 Franken an. Keystone/Christian Beutler (Symbolbild)

Aber wie kommt es eigentlich, dass der Zivilschutz für einen privaten Anlass anrückt? Laut dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz (Babs) ist er nämlich ein Instrument der Kantone und Gemeinden, um Katastrophen und Notlagen zu bewältigen. Eine Definition, die kaum auf das Eidgenössische zutrifft.

Wann dient ein Einsatz der Gemeinschaft?

Allerdings kann der Zivilschutz auch Einsätze «zugunsten der Gemeinschaft» leisten. Zum Beispiel an Grossanlässen. Und hier kommt das ESAF ins Spiel. Dass der Zivilschutz bei solchen «Grösstanlässen» tatkräftig mithilft, ist Schweizer Tradition:

Bei Mega-Events wie dem ESAF müssen die Veranstalter mindestens ein Jahr vor der Durchführung ein Gesuch beim zuständigen Kanton einreichen. Dieses wird dann vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz geprüft. Geht es um kleinere Einsätze des Zivilschutzes, liegt die Zuständigkeit bei den Kantonen.

Ein Zivilschützer soll nicht eine billige Arbeitskraft sein. Er soll eine klare Aufgabe haben und im Einsatz etwas lernen können.
Autor: Priska Seiler Graf Nationalrätin (SP/ZH)

Eine, die bei Zivilschutz-Einsätzen genau hinschaut, ist SP-Sicherheitspolitikerin Priska Seiler Graf. «Die Frage, was unter dem Banner ‹zugunsten der Gemeinschaft› läuft, gibt durchaus Anlass zu Diskussionen», sagt die Zürcher Nationalrätin. «Es darf natürlich nicht sein, dass man versucht, über den Zivilschutz Kosten zu sparen.»

Sie stellt zudem klar: «Ein Zivilschützer soll nicht eine billige Arbeitskraft sein. Er soll eine klare Aufgabe haben und im Einsatz etwas lernen können.» Wer unliebsame Arbeiten gerne outsourcen würde, ist beim Zivilschutz also an der falschen Adresse. Und auch, wer Glaceverkäufer oder Parkplatzeinweiser sucht.

Einsatz laut Bund gerechtfertigt

Der Ausbildungscharakter des ESAF-Einsatzes ist für Daniel Jordi, Vizedirektor des Bundesamts für Bevölkerungsschutz, gegeben. So hätten Zivilschutz-Dienstleistende in Mollis Fahr- und Gehwege erstellt sowie Trink- und Abwasserleitungen gelegt. Oder dabei geholfen, das Kommunikationsnetzwerk einzurichten. «Das sind Dinge, die es auch in einer Katastrophennotlage braucht», sagt Jordi.

Was der Zivilschutz darf – und was nicht

Box aufklappen Box zuklappen

Was der Zivilschutz an Veranstaltungen machen darf und was nicht, ist laut Babs-Vize Jordi genau geregelt. Auf der öffentlich einsehbaren «Arbeitsliste» stehen etwa Aufgaben wie das Auf- und Abbauen von Zelten, Tribünen oder mobilen Toiletten. Auch die Errichtung von provisorischen Fussgängerbrücken oder von Feldküchen gehört zum möglichen Einsatzgebiet.

Explizit untersagt sind zum Beispiel Reinigungsarbeiten nach der Veranstaltung oder das «Ausschmücken». Gemeint ist damit etwa das Aufstellen von Pflanzen oder Hissen von Fahnen.

Dass der Zivilschutz-Einsatz beim ESAF angemessen ist, sieht auch Seiler Graf so: «Bei solch riesigen Anlässen braucht es die Hilfe aller.» Die Gefahr, dass der Zivilschutz zum Selbstbedienungsladen wird, bestehe aber durchaus. Letztlich sei die Grenzziehung, wann ein Einsatz gerechtfertigt sei und wann nicht, schwierig.

Jacke von Zivilschützer
Legende: Gratisarbeit vom Zivilschutz beziehen und sich eine goldene Nase verdienen, ist nicht im Sinne des Erfinders. Zudem kann der Bund bei profitablen Anlässen Geld für den Erwerbsersatz-Fonds verlangen, aus dem die Zivilschutzangehörigen bezahlt werden. Keystone/Gaetan Bally

Letztlich sieht die SP-Nationalrätin Bund und Kantone in der Pflicht. Diese sollten von Veranstaltern auch die Rechnung zu verlangen, um zu sehen, ob ein Gewinn resultiert und wie hoch dieser ausgefallen sei. «Grauzonen-Einsätze», ja sogar Missbräuche, vermutet Seiler Graf aber eher bei kleineren Anlässen in Gemeinden. «Ich habe den starken Verdacht, dass der Zivilschutz hier viel eher für Arbeiten beigezogen wird, die man einsparen will.»

SRF 4 News, 27.08.2025, 17:15 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel