Handörgeli und Kontrabass – ein Duett spielt auf der Bühne vor dem Gesundheitszentrum Wattwil. Der Kanton hatte das Spital Wattwil geschlossen, von der Regierung aus St. Gallen kam niemand zur Eröffnung. Dafür spricht Ständerätin Esther Friedli: «Freude herrscht, geschätzte Toggenburgerinnen», sagt sie, lobt die Gemeindebehörden und die Privatklinikgruppe Berit, die an diesem Ort ein Notfallzentrum geöffnet hält. Friedli schliesst ihre Rede mit dem Satz: «Danke, dass ihr das Toggenburg nicht vergessen habt!»
-
Bild 1 von 3. Volksnah und freundlich: So kennt man Esther Friedli im Toggenburg und in Bundesbern. Bildquelle: SRF / Andreas Stüdli.
-
Bild 2 von 3. In ihren Reden betont die SVP-Politikerin stets ihre Lokalverbundenheit und die bürgerlichen Wurzeln. Bildquelle: SRF / Andreas Stüdli.
-
Bild 3 von 3. Finde Friedli: Die St. Galler Ständerätin umringt von Toggenburgerinnen und Toggenburgern. Bildquelle: SRF / Andreas Stüdli.
Die Politikerin macht im Festzelt kaum einen Schritt, ohne Hände zu schütteln. Es ist ein Heimspiel in Wattwil und die Gäste sind begeistert. «Ich war beeindruckt, wie klar sie gesprochen hat. Ich bin noch mehr Toggenburger geworden», sagt ein Gast. Eine Frau spricht die 48-Jährige auf ihren anderen Job als Gastwirtin im Landgasthof Sonne an, den sie mit ihrem Mann Toni Brunner und dessen Bruder führt. «Sie haben uns so zackig bedient, das war toll.»
Dass Esther Friedli im Toggenburg gut ankommt, ist nicht selbstverständlich. Sie wuchs in Worb in der Nähe der Stadt Bern auf. Erst die Liebe zu Toni Brunner brachte sie in die Ostschweiz.
Die junge CVP-lerin wechselte zur SVP, der stärksten St. Galler Partei. Bei den Wahlen 2023 schaffte sie etwas, das Brunner verwehrt blieb: Sie wurde Ständerätin, obwohl die Konkurrenz mit Barbara Gysi (SP) und der designierten FDP-Co-Präsidentin Susanne Vincenz Stauffacher stark war. Friedli sagt: «Ich bin keine Frau der lauten Töne. Vielleicht ist es auch das, was es ausmacht, damit man Ständerätin wird. Ich versuche immer, die Diskussion sachlich mit Argumenten zu führen.»
Hart in der Sache – freundlich im Ton
Friedli sucht nicht das Rampenlicht – und im Ständerat nicht die Konfrontation. Im Ständeratsvorzimmer in Bern sagt Ständerätin Tiana Moser (GLP/ZH): «Esther Friedli vertritt in Migrationsfragen klar die parteipolitische Haltung. In der Art und Weise, wie sie die Positionen einbringt, ist sie aber sachlich, respektvoll gegenüber Andersdenkenden und ruhig. Das dient selbstverständlich der Mehrheitsfähigkeit.»
Ständerat Mathias Zopfi (Grüne/GL) jasst oft mit Friedli. Da sei man gewillter, Ideen zuzuhören und im Zweifel zuzustimmen, sagt er. «Bei Migrationsfragen besteht bei mir keine grosse Gefahr. Aber andere finden vielleicht, dem kann man zustimmen. Wenn es lauter, aggressiver käme, wäre die Abschreckung wahrscheinlich grösser.»
Mit ihrer umgänglichen Art hat Friedli eine Mehrheit gefunden, damit der Schutzstatus S auf Regionen in der Ukraine beschränkt wird, in denen Kampfhandlungen stattfinden. Kürzlich verlangte sie, dass das Resettlement-Programm ausgesetzt wird. Jenes Programm, mit dem Menschen aus Krisenregionen in die Schweiz geholt werden können. Im Ständerat scheiterte sie knapp, im Nationalrat etwas deutlicher. Ausgerechnet die Verletzlichsten wären so nicht aufgenommen worden – ging das zu weit?
Nein, sagt Friedli freundlich. Sie stelle vor Ort fest, dass die Gemeinden an ihre Grenzen stossen. «Damit schwindet die Akzeptanz des Asylsystems. Wir müssen das ins Lot bringen, bevor wir diskutieren können, ob wir allenfalls Personen mit dem Resettlement-Programm in die Schweiz holen.»
Hart in der Sache – freundlich im Ton. Damit setzt sich Esther Friedli nicht nur in St. Gallen durch, sondern auch in Bundesbern.