Die stetig steigenden Krankenkassenprämien sind die Sorge Nummer eins der Schweizer Bevölkerung. Das zeigt das neuste SRG-Wahlbarometer. Die Sozialdemokraten hätten dafür Lösungsansätze, betont Co-Fraktionspräsidentin Samira Marti (SP/BL) in der «Samstagsrundschau» von Radio SRF. Wunder bewirken aber auch diese nicht.
SRF News: Die SP ist mit der Prämien-Entlastungs-Initiative im vergangenen Jahr gescheitert. Jetzt versuchen Sie es mit Prämienrabatten. Ist das nicht alter Wein in neuen Schläuchen?
Samira Marti: Es ist im September jeweils nicht die Frage, ob die Krankenkassenprämien steigen oder nicht, sondern nur, wie stark sie ansteigen. In dem Sinne ist es extrem wichtig, dass wir ins Handeln kommen. In keinem anderen Land in Europa finanziert die Bevölkerung einen so hohen Anteil des Gesundheitswesens aus der eigenen Tasche, und zwar völlig unabhängig davon, wie das eigene Einkommen aussieht. Das ist extrem unsozial und führt dazu, dass es für die breite Bevölkerung zu einer Belastung wird, die nicht mehr tragbar ist. Die Prämienrabatt-Initiative sieht vor, dass man das System der Prämien gleich lässt. Auch Prämienregionen-Franchisen kann man weiterhin wählen, ebenso wie die Krankenkasse. Aber je nach Einkommen bekommt man entweder am Schluss einen Rabatt oder einen Zuschlag. 85 Prozent der Bevölkerung würden so weniger bezahlen als sie heute zahlen.
Im Gesundheitswesen gibt es ganz viele Baustellen.
Warum eine so komplizierte Neuerung? Wäre es nicht sinnvoller, am eben erst eingeführten Verteilschlüssel zu schrauben, bei dem die Kantone mindestens 27 Prozent und die Krankenkassen höchstens 73 Prozent der Kosten tragen?
Das kann man auch, aber es ist natürlich schon eine andere Logik. Ich behaupte, unser System von Rabatten und Zuschlägen ist einfacher. Die Herausforderung im Gesundheitswesen ist aber natürlich, dass es ganz viele Baustellen gibt und dass man mit einer Volksinitiative nicht alles auf einmal lösen kann.
Angenommen ich erhalte einen Rabatt, welchen Anreiz hätte ich dann noch, nicht wegen jedem «Bobo» in den Notfall eines Spitals zu fahren?
Es kommt darauf an, ob sie wegen einer Krankheit oder wegen eines Unfalls ins Spital gehen, aber dass Sie am Schluss einen Teil der Kosten selbst übernehmen müssen, das würde so bleiben wie bisher. Man würde auch weiterhin eine Franchise wählen und es gäbe einen Selbstbehalt.
Der sogenannte ‹Markt› zwischen den Krankenkassen funktioniert nicht.
Eine andere Medizin, die die SP dem Gesundheitswesen verschreiben will, ist eine Einheitskasse. Heute gibt es rund 30 private Krankenkassen, neu wären es 26 kantonale Einheitskassen. Warum?
Weil der sogenannte «Markt» nicht funktioniert zwischen diesen über 30 Krankenkassen. Das ist viel Aufwand, viel Bürokratie, die schlicht nicht nötig ist.
Der Administrationsaufwand beträgt allerdings nur rund fünf Prozent der Gesamtkosten und die insgesamt 26 kantonalen Einheitskassen hätten wohl keinen entscheidend geringeren Aufwand als die 30 aktuellen.
Gewisse Einsparungen wären auf jeden Fall möglich, weil die Kassen dann miteinander kooperieren würden und nicht in Konkurrenz stünden. Die Wechsel zwischen den Kassen kosten heute bis zu 300 Millionen Franken und je höher die Prämien, desto mehr Leute werden wechseln. Und letztlich macht es einfach keinen Sinn, von einem Wettbewerb zu reden in einem Markt, in dem alle Leute gezwungen sind, das Gut, also die Versicherung, zu konsumieren. Natürlich ist das nicht der einzige Kostentreiber im System. Aber wer den Rappen nicht ehrt, ist des Fünflibers nicht wert.
Das Gespräch führte Klaus Ammann.