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Strafverfahren gegen Infantino «Die grossen Fehler hat Lauber gemacht, nicht Infantino»

Der Schweizer Sonderstaatsanwalt hat ein Strafverfahren gegen den Chef des Weltfussballverbands Gianni Infantino eröffnet. Dabei geht es um geheime Treffen zwischen dem Fifa-Präsidenten und Bundesanwalt Michael Lauber. Die Vorwürfe: Anstiftung zum Amtsmissbrauch und Anstiftung zur Verletzung des Amtsgeheimnisses. Ex-Fifa-Medienchef Guido Tognoni ist jedoch überzeugt, dass sich diese Vorwürfe in Luft auflösen werden.

Guido Tognoni

ehemaliger Fifa-Medienchef

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Guido Tognoni kennt die Fifa von innen. Er war einst Medienchef beim Weltfussballverband und ist inzwischen bekannt als Fifa-Kritiker.

SRF News: Es wird nun also ein Strafverfahren eröffnet gegen den Fifa-Präsidenten. Was heisst das für Gianni Infantino persönlich?

Guido Tognoni: Das ist sicher eine sehr unangenehme Sache für ihn, er ist auch im Kreuzfeuer wegen seiner Amtsführung. Aber man muss doch festhalten: Es ist ein Fall Lauber. Es ist zwar spektakulär, dass Infantino angeklagt wird vom ausserordentlichen Bundesanwalt. Aber Lauber wusste nicht, wie er mit dem Fall umzugehen hat. Er hat geheimen Treffen mit Infantino zugestimmt. Die Anklage wird meines Erachtens am Schluss wieder in sich zusammenfallen, wie vieles in der Bundesanwaltschaft. Infantino macht die grossen Schlagzeilen, aber es wird ihm nicht schaden.

Muss sich Infantino aus Ihrer Sicht nichts vorwerfen lassen?

Nein, er hat ja nicht einen Polizisten in Brig davon überzeugt, er solle ihm keine Parkbusse ausstellen. Sondern er hat sich mit dem allerhöchsten Schweizer Ankläger getroffen. Und wenn dieser höchste Ankläger in der Schweiz nicht weiss, was er zu tun hat in solchen Fällen, wenn es sich am falschen Ort trifft mit falschen Begleitpersonen, wenn er vergisst, was er damals gemacht hat, wenn er das nicht aufzeichnet, wenn er sich dafür nicht entschuldigen kann und dadurch sein Amt verliert, dann ist und bleibt es ein Fall Lauber.

Die Fifa ist sich schlechte Schlagzeilen gewohnt.

Infantino hat nicht alles blitzsauber gemacht. Aber ein Bundesanwalt muss doch wissen, wie er mit solchen Fällen umgeht, ob er Leute im Bahnhofbuffet treffen soll oder in seinem Büro. Die grossen Fehler hat Lauber gemacht, nicht Infantino.

Was bedeutet dieses Strafverfahren für den Weltfussballverband?

Der Weltfussballverband hat im Moment, und das ist auch ein Glück für Infantino, andere Sorgen wegen der Corona-Pandemie. Andererseits: Die Fifa ist sich schlechte Schlagzeilen gewohnt. Das ist ein sehr robuster Verband. Er hat 211 Mitglieder, Nationalverbände, von denen sind etwa 200 selber korrupt.

Ich denke nicht, dass diese mittlerweile sehr zahnlose Ethik-Kommission viel unternehmen wird.

Die schert das nicht, was der Schweizer Bundesanwalt für ein Problem mit Infantino hat. Und dann bleibt da auch noch die Ethikkommission, die eigentlich den Fifa-Präsidenten seines Amtes entheben könnte, wenn sie nur wollte. Ich denke nicht, dass diese mittlerweile sehr zahnlose Kommission viel unternehmen wird. Sie wird Infantino fragen: Was ist da los? Er wird sagen, da ist gar nicht viel los. Und dann wird auch das im Sande verlaufen.

Das Gespräch führte Roger Aebli.

SRF 4 News, 31.07.2020, 06:15 Uhr ; 

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