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SP beim Rahmenabkommen vor Richtungswechsel
Aus Tagesschau vom 02.03.2019.
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Streit um Rahmenabkommen Pro-Europa-Gruppe fordert Kurswechsel der SP

  • Eine europafreundliche Gruppe innerhalb der SP fordert einen Kurswechsel beim Rahmenabkommen.
  • Die Gruppe umfasst Mitglieder vom linken wie auch vom liberalen Parteiflügel.
  • Mit einem Papier fordern sie die Gewerkschaften auf, ihre Gesprächsverweigerung aufzugeben.

Lange bestimmte in der SP der Gewerkschaftsflügel die Diskussion ums Rahmenabkommen. Die Gewerkschafter scharten mit ihrer kompromisslosen Haltung in punkto Lohnschutz die Genossen um sich.

Seit letztem Sommer verweigern die Gewerkschaften jedes Gespräch um das Rahmenabkommen. Und die SP hat sie in ihrer Haltung gestützt. Nun aber kommt Bewegung in die SP. Nicht nur liberale Exponenten in der Partei wie Ständerat Daniel Jositsch oder Nationalrat Eric Nussbaumer. Hinter dem Vorstoss stehen auch Exponenten vom linken Parteiflügel wie der Nationalrat Fabian Molina.

Gemeinsam gründeten sie die Gruppe «LiensEurope». Ihr Ziel ist ein Rahmenabkommen, dem die SP wie die Gewerkschaften zustimmen können. «Wir schlagen Massnahmen vor, wie man den Lohnschutz auch mit dem Rahmenabkommen aufrechterhalten kann», sagt Fabian Molina. Auf einer eigenen Website fordert die Gruppe die Genossen zur Diskussion auf.

Papier fordert mehr Europa, nicht weniger

Im Papier steht: «Aus sozialdemokratischer Sicht ist das Rahmenabkommen unser nächstes europapolitisches Ziel.» Die flankierenden Massnahmen (FlaM) sieht die Gruppe noch immer als zentral an: Der Bundesrat müsse hier zwingend noch einmal das Gespräch mit der EU suchen und eine Lösung finden.

Aber im Unterschied zu den Gewerkschaften zeigt sich die SP-Gruppe gesprächsbereit: «Es ist an der Zeit, auch Massnahmen zu diskutieren, wie der Lohnschutz innenpolitisch vertragskonform so umgebaut werden kann, dass das verlässliche Schutzniveau für alle, die in der Schweiz arbeiten, erhalten werden kann.»

Die Forderungen der SP-Gruppe

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  • Die EU lanciert die ELA, eine europäische Arbeitsbehörde, welche den Kampf gegen Lohndumping auf europäischer Ebene koordinieren soll. Die Schweiz muss hier angeschlossen werden. Damit hätte sie Zugriff auf die Datenbank mit Lohndumping-Firmen und Koordinationsinstrumente.
  • Der Bundesrat soll sich für eine Übergangsfrist von fünf Jahren einsetzen. So können das Seco und die Gewerkschaften analysieren, welche Lücken die neuen EU-Richtlinien noch aufweisen und wie diese EU-rechtskonform geschlossen werden können.
  • Um den Vollzug auch bei einer Verkürzung der Voranmeldefrist garantieren zu können, braucht es risikobasiert mehr und effizientere Kontrollen. Dafür müssen die Kantone ihre Kontrolleure aufstocken und die Kontroll-Kontingente erhöhen.
  • Um das Ziel der Kautionspflicht weiter zu gewährleisten, muss die Schweiz die grenzüberschreitende Durchsetzbarkeit von Sanktionen verbessern. Dazu bieten die Durchsetzungsrichtlinie und die IMI-Verordnung über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems neue Möglichkeiten. Zudem muss geprüft werden, eine Auftraggeberhaftung in Risikobranchen einzuführen. Dadurch wird die Pflicht zur Auswahl von seriösen grenzüberschreitend tätigen Unternehmen deutlich verschärft.
  • Zudem werden in allen Branchen die Strafen bei Verstössen erhöht, um den Anreiz für Sozial- und Lohndumping zu minimieren.

Das sind neue Töne aus der Partei. Der liberale Flügel tat sich schon immer schwer mit der Haltung der Gewerkschaften. Doch die Gruppe «LiensEurope» ist breiter abgestützt. Unlängst hat sich auch alt Bundesrätin Ruth Dreifuss, eine ehemalige Gewerkschafterin, gegenüber SRF unmissverständlich geäussert. Sie glaube, es sei ein guter Vertrag, der gut verhandelt wurde, sagte die Sozialdemokratin.

Verein Foraus mit konstruktiven Vorschlägen

Die Diskussion ebenfalls befeuern dürfte auch ein neues Papier des Vereins Foraus. Die Denkfabrik schlägt Massnahmen zur Aufrechterhaltung der flankierenden Massnahmen vor. Im Unterschied zur Gruppe «LiensEurope» sind die Vorschläge allerdings rein innenpolitischer Natur.

Die 10 Forderungen von Foraus

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  • Entsendungsfälle sollen von Behörden mittels Einführung schnellerer Computer-Systeme bearbeitet werden können. Dies würde die negativen Folgen einer Reform der Meldepflicht (8-Tage-Regel) mindern.
  • Punkto Kautionspflicht könnte die Solidarhaftung der Vertragspartner verstärkt werden, etwa in Form von verschärften Sanktionen bei schweren Verstössen.
  • Der Bund könnte einen Fonds im Beschaffungswesen einrichten. Der Fonds könnte Arbeitnehmern im Falle von Lohndumping die Differenz zum Mindestlohn vorschiessen. Fehlbare ausländische Arbeitgeber würden später zur Kasse gebeten.
  • Die Kontrollen wären gegenüber ausländischen Arbeitgebern nicht mehr diskriminierend, wenn gleich oft bei Schweizer Firmen kontrolliert würde. Das würde allerdings die Anstellung neuer Arbeitsinspektoren erfordern.
  • Die Schweiz bräuchte mehr Gesamtarbeitsverträge, damit zu tiefe Löhne geahndet werden können. Bedarf sieht Foraus vor allem bei Arbeitnehmern im Einzelhandel, in der Landschaftsgestaltung, in der Reinigung sowie in den Informations- und Kommunikationstechnologien.
  • Wenn die Ausweitung der GAV nicht möglich ist, könnte eine Übergangslösung in Betracht gezogen werden. Der Kanton Genf führte 2016 neue Massnahmen ein. Zu diesen gehört die Einrichtung einer gemeinsamen Kontrollstelle für Unternehmen. Diese Stelle ist berechtigt, Kontrollen in allen Unternehmen durchzuführen, egal ob die Tätigkeiten durch die GAV abgedeckt sind oder nicht.
  • Eine weitere Übergangslösung: Die Behörden sollten mehr Normalarbeitsverträge in gefährdeten Sektoren ausstellen. Diese regeln die Anwendung von Mindestlöhnen, verbindlich oder in Form von Empfehlungen.
  • Der Kündigungsschutz für Mitglieder von 
Gewerkschaften, die soziale Anomalien melden, könnte verbessert werden. Dieser erweiterte Schutz könnte ausserdem auf Whistleblower ausgedehnt werden.
  • Die Behörden sollten die Verbreitung von Informationen an entsandte Arbeitnehmer bezüglich ihrer sozialen Rechte fördern.
  • Nach dem EWR-Modell könnte sich der Bundesrat verpflichten, die Rolle der Sozialpartner in der Administration des Rahmenabkommens zu stärken. Da Änderungen im Rahmenabkommen zum jetzigen Zeitpunkt ausgeschlossen zu sein scheinen, könnten die Schweiz und die EU beschliessen, bis zu einer künftigen Vertragsrevision eine ähnliche Struktur auf Ad-hoc-Basis zu schaffen.

Das oft schon totgeschriebene Rahmenabkommen erhält mit den zwei Papieren neuen Auftrieb. An der Delegiertenversammlung in Goldau betonten verschiedene Mitglieder der SP-Bundeshausfraktion, die Meinung der SP sei immer klar gewesen: «Ja zu Europa UND Ja zum Lohnschutz.» Neu ist allerdings, dass die Gesprächsverweigerung der Gewerkschaften kritisiert wird und die SP jetzt offiziell mit den Mitteparteien Gespräche führen will über neue Massnahmen im Bereich Lohnschutz. Und dass sie auch die Sozialpartner, als Gewerkschaften und Arbeitgeber, auffordert, wieder ins Gespräch zu kommen.

Ja-Parole zur Verschärfung des Waffenrechts

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Die SP stellt sich hinter das verschärfte Waffenrecht. Die Delegierten haben mit 106 zu 1 Stimmen die Ja-Parole gefasst. Die EU hatte das Waffenrecht nach den Anschlägen von Paris im November 2015 verschärft, die Schweiz als Schengen-Staat muss sie übernehmen.

Im Fokus sind halbautomatische Sturmgewehre, wie sie damals von den Angreifern verwendet wurden. Die Schweiz muss die Änderungen bis Ende Mai 2019 umsetzen, sonst droht die Beendigung der Schengen/Dublin-Zusammenarbeit. «Jede Schusswaffe ist eine Gefahr», sagte Daniel Jositsch vor den Delegierten. Diese Waffenrichtlinie gehe zwar «viel zu wenig weit», aber immerhin in die richtige Richtung. Bereits im vergangenen September hatten die Delegierten die Ja-Parole zur AHV-Steuervorlage (Staf) beschlossen.

Damit kommt das kategorische Nein der Gewerkschaften zum Rahmenabkommen zunehmend unter Druck. Und die Position der SP ist nicht mehr weit entfernt von CVP und FDP, die beide grundsätzlich ein Rahmenabkommen wollen, jedoch Präzisierungen verlangen. Dabei geht es um den Lohnschutz, aber auch um die Unionsbürgerschaft und um die Beihilfen im Beschaffungswesen.

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Tschüss, SP!
Aus Arena vom 01.03.2019.
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