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Strom, Lebensmittel und Co. Das sind die vier möglichen Abstimmungen zu den EU-Verträgen

Der Bundesrat plant, dem Parlament vier Bundesbeschlüsse zu den neuen EU-Verträgen vorzulegen: einen für die Stabilisierung der bilateralen Beziehungen und drei für die Weiterentwicklung in den Bereichen Lebensmittelsicherheit, Strom und Gesundheit. Die neuen Abkommen könnten jedoch nicht in Kraft treten, wenn das Stabilisierungspaket verworfen wird.

Die vier möglichen Abstimmungen kurz erklärt:

1. Stabilisierungspaket

Das Stabilisierungspaket beinhaltet drei Aspekte. Als Erstes kann die Weiterentwicklung der bestehenden Abkommen in den Bereichen Luftverkehr, Landverkehr, der gegenseitigen Anerkennung von Konformitätsbewertungen (MRA), des Handels mit Landwirtschafts­erzeugnissen sowie Personenfreizügigkeit genannt werden. Die zwei weiteren Aspekte sind die Einführung institutioneller Elemente sowie von Regeln zu staatlichen Beihilfen.

Zwei Personen schütteln sich die Hand vor EU- und Schweizer Flaggen.
Legende: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und die damalige Bundespräsidentin Viola Amherd haben im Dezember den Abschluss der Verhandlungen bekannt gegeben. KEYSTONE/POOL/Alessandro della Valle

Bei den bestehenden Abkommen sorgt insbesondere die Präzisierung einer Schutzklausel bei der Personenfreizügigkeit für politische Diskussionen. Gemäss dem Bundesrat konnte in den Verhandlungen erreicht werden, dass die Schweiz in Zukunft die Schutzklausel eigenständig aktiviert. Die Vertragstexte dazu liegen noch nicht öffentlich vor.

Sind vier Abstimmungen zwingend?

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Schild mit Aufschrift 'Stimmlokal' und Richtungspfeil.
Legende: KEYSTONE/Anthony Anex

Nein, beim fakultativen Referendum sind Abstimmungen, wie es der Name bereits sagt, fakultativ. Sprich, das Referendum müsste nach dem Beschluss des Parlaments ergriffen werden. Damit es zustande kommt, müssen innerhalb von 100 Tagen 50'000 gültige Unterschriften bei der Bundeskanzlei eingereicht werden. Dies würde für jeden einzelnen Bundesbeschluss gelten.

Es ist also möglich, dass es nicht bei jedem Abkommen zu einem Volksentscheid kommt. Das Parlament könnte jedoch entscheiden, ein Abkommen als obligatorisches Staatsvertragsreferendum dem Volk und den Ständen zu unterbreiten. Die Frage eines fakultativen oder obligatorischen Referendums stelle sich insbesondere für das Stabilisierungspaket, sagte Aussenminister Ignazio Cassis.

Bei den institutionellen Elementen geht es einerseits um die dynamische Übernahme von EU-Recht und andererseits um einen Streitbeilegungs­mechanismus im Fall von Uneinigkeiten zwischen der Schweiz und der EU. Bei einem Streit soll in letzter Instanz ein paritätisch zusammengesetztes Schiedsgericht über die Sache entscheiden. Wenn der Streit Fragen zur Auslegung von EU-Recht aufwirft, muss das Schiedsgericht den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Auslegung des Rechts beiziehen, wie es weiter hiess. Der Streit werde jedoch vom Schiedsgericht beurteilt.

2. Stromabkommen

Gemäss dem Bundesrat soll das Stromabkommen zur Stärkung der Versorgungssicherheit und der Netzstabilität sowie der Vereinfachung des Stromhandels beitragen. Der Schweizer Netzbetreiber wäre mit dem Abkommen in die europäischen Prozesse zur Sicherstellung der Netzstabilität eingebunden.

Das Abkommen würde auch eine teilweise Liberalisierung des Strommarktes darstellen. So könnten Schweizer Haushalte ihren Anbieter künftig selber wählen. Weiter würde sich die Schweiz mit dem Abkommen nicht zu neuen Vorgaben im Umweltrecht verpflichten.

3. Lebensmittelsicherheitsabkommen

Bei Lebensmitteln könne es immer wieder zu Fälschungen oder Verunreinigungen kommen und es gelangten nicht sichere, gesundheitsgefährdende Produkte auf den Markt, schrieb der Bundesrat im Dezember 2024. Mit einem Abkommen in diesem Bereich sollen mit einem gemeinsamen Lebensmittel­sicherheitsraum diese Risiken minimiert werden.

Das geschieht bei einem Nein

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Gemäss dem Direktor des Bundesamts für Justiz, Michael Schöll, kann das Stabilisierungspaket auch ohne die weiteren Pakete in Kraft treten. Nicht möglich sei aber, dass beispielsweise das Stromabkommen in Kraft trete, aber nicht das Stabilisierungspaket.

Eine Weiterentwicklung könne nicht ohne Stabilisierung erfolgen, sagte Aussenminister Ignazio Cassis, das sei «ziemlich logisch». Das Ziel der vier Bundesbeschlüsse ist gemäss Cassis, dass die Stimmbevölkerung differenziert seine Meinung abgeben kann und ihr keine sogenannte «Mogelpackung» vorgelegt wird.

Laut dem Bundesrat bleibt eine Harmonisierung der Agrarpolitiken ausgeschlossen. Zudem sollten spezifische Ausnahmen verhindern, dass das Abkommen zu einer Senkung der in der Schweiz geltenden Standards führe.

4. Gesundheitsabkommen

Mit dem Abkommen soll im Fall einer Gesundheitskrise wie beispielsweise der Coronapandemie die grenzüberschreitende Koordination und Zusammenarbeit mit der EU gestärkt werden, wie der Bundesrat schrieb. Konkret soll die Schweiz einen Zugang zu den Gesundheit­-Sicherheits­mechanismen der EU und zum Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten erhalten. Durch eine erhöhte Frühwarn- und Reaktionsfähigkeit werde der Schutz der Schweizer Bevölkerung gestärkt.

SRF 4 News, 30.4.2025, 16 Uhr ; 

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