- Zwei von drei Lehrpersonen haben in den vergangenen fünf Jahren Gewalt erlebt. Dies zeigt eine neue Studie des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz LCH.
- Am häufigsten handelt es sich um psychische Gewalt in Form von Beleidigungen, Beschimpfungen, Bedrohungen oder Einschüchterungen.
- Extreme Gewalt wie Körperverletzungen sind sehr selten.
- In den meisten Fällen geht die Gewalt von den Eltern aus. Druck kommt aber auch von Schülerinnen und Schülern.
«Wenn das noch einmal vorkommt, müssen Sie aufpassen!», schreibt ein Vater als Feedback auf eine Benotung des Sohns. «F*** dich», brüllt ein verhaltensauffälliger Schüler auf die Aufforderung, er soll sich bitte hinsetzen. Solche und andere Beleidigungen stellen die häufigste Form von Gewalt im Alltag von Lehrerinnen und Lehrern dar. Sie werden beschimpft, beleidigt und bedroht.
Rund die Hälfte der befragten Lehrpersonen gibt an, dass sie in den letzten fünf Jahren mindestens einen solchen Vorfall erlebt haben. Auch physische Gewalt kommt vor, wenn auch seltener. Häufig sind die Täterinnen und Täter verhaltensauffällige und jüngere Kinder. Sie schlagen zu, treten oder spucken. Noch seltener geht Gewalt von Kolleginnen oder von der Schulleitung aus.
«Für die Lehrerinnen und Lehrer ist das eine enorme emotionale Belastung», fasst Studienleiterin Martina Brägger zusammen. Die Belastung bleibt nicht folgenlos: Betroffene werden häufiger krank, manche müssen sich eine Auszeit nehmen, sie wechseln die Stelle oder geben den Beruf ganz auf.
Sechs Forderungen für mehr Respekt
Extreme Gewalt in Form von Körperverletzung haben unter ein Prozent der Lehrerinnen und Lehrer in den letzten fünf Jahren erfahren. «Amerikanische Verhältnisse punkto Gewalt gegen Lehrpersonen gibt es hierzulande nicht», hält Dagmar Rösler, Zentralpräsidentin des Dachverbands, fest.
Jede Lehrerin, jeder Lehrer hat es verdient, mit Respekt behandelt zu werden.
Dennoch gebe es auch in der Schweiz Handlungsbedarf. «Wir müssen genau hinschauen. Es braucht eine Art Codex, der ganz klarmacht, wo eine rote Linie überschritten wird.» Der Verband präsentiert deshalb sechs Forderungen, die Lehrerinnen und Lehrer besser vor Gewalt schützen sollen.
«Wir wollen die Situation weder bagatellisieren noch dramatisieren», hält Dagmar Rösler fest. Lehrpersonen sollen ernst genommen werden. Und sie schliesst: «Jede Lehrperson hat es verdient, mit Respekt behandelt zu werden.» In fünf Jahren soll die Studie wiederholt werden. Um dann vergleichen zu können, ob es mehr oder weniger Fälle gibt von Gewalt gegen Lehrpersonen.