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Tötungsdelikt in Corcelles NE Bundesrätin Baume-Schneider: «Jeder Femizid ist einer zu viel»

2025 dürfte als eines der schlimmsten Jahre in Sachen häusliche Gewalt in die Schweizer Geschichte eingehen. Gestern informierte die Polizei des Kantons Neuenburg über einen weiteren Femizid. Nach ersten Erkenntnissen hat ein Mann seine Ex-Frau und seine beiden Töchter getötet. Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider zeigt sich erschüttert über die Bluttat – und fordert weitere Massnahmen.

Elisabeth Baume-Schneider

SP-Bundesrätin

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Elisabeth Baume-Schneider ist seit 2023 Bundesrätin und seit Anfang 2024 Vorsteherin des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI). Die Jurassierin wurde 1963 geboren und studierte Sozial-, Wirtschafts- und Politikwissenschaften an der Universität Neuenburg. Von 2002 bis 2015 war die SP-Politikerin Mitglied der jurassischen Kantonsregierung. Von 2015 bis 2019 leitete sie die Hochschule für Soziale Arbeit und Gesundheit in Lausanne. Ab Ende 2019 vertrat sie den Kanton Jura im Ständerat.

SRF News: Wie haben Sie auf die Nachricht aus Neuenburg reagiert?

Elisabeth Baume-Schneider: Es ist erschreckend. Jeder Femizid ist einer zu viel – und es zeigt, dass Frauen und Kinder auch in unserem Land nicht in Sicherheit sind. Es braucht eine enge Zusammenarbeit zwischen allen Behörden, vom Bund über die Kantone bis zur Polizei. Wir müssen verhindern, dass das die Antwort ist, wenn es eine Krise in einer Partnerschaft gibt.

Wenn eine Person Angst hat oder befürchtet, dass es eine solche Krise geben könnte – dann muss man zuhören und handeln.

Die Zahl der Femizide in der Schweiz ist im laufenden Jahr mit 22 Fällen auf ein Rekordhoch gestiegen. Warum gelingt es Bund und Kantonen nicht, diese Zahl zu senken?

Wir arbeiten zusammen und versuchen, diese Zahl zu senken. Allein mit Gesetzen kann man das Verhalten einer Person in einer Krisensituation aber nicht steuern. Das reicht nicht, um das Elend zu bekämpfen. Wir müssen den Betroffenen, den Frauen und Kindern, sagen: Ihr müsst Hilfe verlangen, das ist zentral. Und wir müssen ihnen zuhören. Deswegen werden wir im November eine sehr wichtige Kampagne lancieren, um die Menschen für diese Hilfestellung zu sensibilisieren, damit es weniger Opfer gibt.

Sie haben bereits im Juni dringliche Massnahmen beschlossen, darunter mehr Plätze in Notunterkünften und verstärkte Prävention. Reicht es, was Bund und Kantone tun, um Femizide zu verhindern?

Wahrscheinlich nicht. Man kann immer noch mehr tun und noch bessere Massnahmen ergreifen. Für mich ist aber das Wichtigste, dass die Leute Hilfe verlangen. Die Notrufnummer, die es ab nächstem Jahr geben wird, wird auch kein Wundermittel sein. Aber jeder in diesem Land muss sich bewusst sein: Wenn eine Person Angst hat oder befürchtet, dass es eine solche Krise geben könnte – dann muss man zu hören und handeln.

Notmassnahmen gegen häusliche Gewalt

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Baume-Schneider
Legende: Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider. Keystone/Alessandro della Valle

Bereits im Juni hatten die Behörden von einer alarmierend hohen Anzahl Frauen und Mädchen geschrieben, die in der Schweiz von Männern getötet worden waren. Damals hatten sich Bund, Kantone und Gemeinden an einer ausserordentlichen Sitzung beispielsweise darauf geeinigt, bestehende Lücken bei Plätzen in Schutz- und Notunterkünften zu schliessen. Im Präventionsbereich soll es mehr Fachpersonen geben und im Herbst will der Bundesrat die Botschaft zur Revision des Opferhilfegesetzes früher als geplant unterbreiten.

Müssen potenziell gefährliche Männer besser überwacht werden?

Ich weiss nicht, ob eine solche Überwachung die Antwort ist. Aber es muss absolut klar sein, dass man den Betroffenen zuhört und dass die Strafverfolgungsbehörden aktiv werden müssen.

Das Gespräch führte Andreas Stüdli.

Heute Morgen, 21.08.2025, 6 Uhr ; 

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