2025 dürfte als eines der schlimmsten Jahre in Sachen häusliche Gewalt in die Schweizer Geschichte eingehen. Gestern informierte die Polizei des Kantons Neuenburg über einen weiteren Femizid. Nach ersten Erkenntnissen hat ein Mann seine Ex-Frau und seine beiden Töchter getötet. Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider zeigt sich erschüttert über die Bluttat – und fordert weitere Massnahmen.
SRF News: Wie haben Sie auf die Nachricht aus Neuenburg reagiert?
Elisabeth Baume-Schneider: Es ist erschreckend. Jeder Femizid ist einer zu viel – und es zeigt, dass Frauen und Kinder auch in unserem Land nicht in Sicherheit sind. Es braucht eine enge Zusammenarbeit zwischen allen Behörden, vom Bund über die Kantone bis zur Polizei. Wir müssen verhindern, dass das die Antwort ist, wenn es eine Krise in einer Partnerschaft gibt.
Wenn eine Person Angst hat oder befürchtet, dass es eine solche Krise geben könnte – dann muss man zuhören und handeln.
Die Zahl der Femizide in der Schweiz ist im laufenden Jahr mit 22 Fällen auf ein Rekordhoch gestiegen. Warum gelingt es Bund und Kantonen nicht, diese Zahl zu senken?
Wir arbeiten zusammen und versuchen, diese Zahl zu senken. Allein mit Gesetzen kann man das Verhalten einer Person in einer Krisensituation aber nicht steuern. Das reicht nicht, um das Elend zu bekämpfen. Wir müssen den Betroffenen, den Frauen und Kindern, sagen: Ihr müsst Hilfe verlangen, das ist zentral. Und wir müssen ihnen zuhören. Deswegen werden wir im November eine sehr wichtige Kampagne lancieren, um die Menschen für diese Hilfestellung zu sensibilisieren, damit es weniger Opfer gibt.
Sie haben bereits im Juni dringliche Massnahmen beschlossen, darunter mehr Plätze in Notunterkünften und verstärkte Prävention. Reicht es, was Bund und Kantone tun, um Femizide zu verhindern?
Wahrscheinlich nicht. Man kann immer noch mehr tun und noch bessere Massnahmen ergreifen. Für mich ist aber das Wichtigste, dass die Leute Hilfe verlangen. Die Notrufnummer, die es ab nächstem Jahr geben wird, wird auch kein Wundermittel sein. Aber jeder in diesem Land muss sich bewusst sein: Wenn eine Person Angst hat oder befürchtet, dass es eine solche Krise geben könnte – dann muss man zu hören und handeln.
Müssen potenziell gefährliche Männer besser überwacht werden?
Ich weiss nicht, ob eine solche Überwachung die Antwort ist. Aber es muss absolut klar sein, dass man den Betroffenen zuhört und dass die Strafverfolgungsbehörden aktiv werden müssen.
Das Gespräch führte Andreas Stüdli.