Bundesrat Johann Schneider-Ammann will die geplante Lockerung der Schweizer Waffenexporte überdenken. Das sagte der Wirtschaftsminister in einem Interview mit zwei Westschweizer Zeitungen.
SVP-Nationalrat Werner Salzmann ist Präsident der Sicherheitspolitischen Kommission. Er macht eine einseitige Medienberichterstattung dafür verantwortlich, dass Schneider-Ammann beim Thema Waffenexporte über die Bücher gehen will.
SRF News: Was halten Sie von den Aussagen des Wirtschaftsministers, Herr Salzmann?
Werner Salzmann: Ich habe das gelesen und war etwas überrascht. Ich erachte es immer noch für notwendig, die schweizerische Wehrtechnik zu stützen. Es ist absolut zentral, dass wir deren Betrieb und Unterhalt eigenständig sicherstellen können, um eine glaubwürdige Armee zu haben.
Es handelt sich nicht um Kriegsmaterial, das Kriege anheizt. Es geht um Material, das Leben rettet.
Wenn der Bundesrat eine solche Aussage macht, gehe ich davon aus, dass dies den Entscheid im Ständerat, der noch hängig ist, wesentlich beeinflusst.
Bestimmt das Parlament künftig mit?
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Der Ständerat entscheidet in der Wintersession darüber, ob das Parlament bei Waffenexporten mitbestimmen soll. Der Nationalrat hat die Motion der BDP bereits angenommen.
Bisher ist es eine Aussage von Johann Schneider-Ammann. Nun soll der Gesamtbundesrat entscheiden, ob die Lockerung der Waffenexporte wirklich ausgesetzt wird. Falls er das tun sollte: Hat der Wind in dieser Frage dann gedreht?
Falls ein Ja des Bundesrats herauskommt, wäre das tatsächlich so. Dann hätte der Bundesrat dem öffentlichen Druck nachgegeben.
Ist der öffentliche Druck gewachsen?
Er ist in der Tat gewachsen. Aber nicht, weil es sachlich richtig wäre, auf die Lockerung zu verzichten, sondern weil gewisse grosse Zeitungen einen riesigen Aufruhr gemacht haben. Sie haben die Meinungsbildung beeinflusst, indem sie keine vollständigen Informationen verbreitet haben. Es ist nie darüber geschrieben worden, dass es sich nicht um Kriegsmaterial handelt, das Kriege anheizt. Es geht um Material, das Leben rettet – wie Raketenabwehrsysteme, gepanzerte Fahrzeuge zum Schutz von Personen oder Material für Luftpolizeidienste ohne Erdkampffähigkeit.
Freude bei Waffenexport-Gegnern
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Die Allianz gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer freut sich über den Vorschlag von Bundesrat Schneider-Ammann. Das sei ein Schritt in die richtige Richtung. «Aber eine Sistierung des Geschäfts reicht nicht, es braucht ein Verzicht einer solchen Verordnung», sagte Nationalrätin und Co-Präsidentin der Allianz Lisa Mazzone (Grüne/GE) gegenüber Keystone-SDA.
Die Allianz werde ihre Bemühungen fortsetzen, denn für ihre Mitglieder sei es wichtig, dass klare Regeln über Waffenexporte im Gesetz festgeschrieben werden und nicht mehr in einer Verordnung. Das würde eine parlamentarische und demokratische Debatte erlauben, sagte Mazzone. Diese Debatten seinen nötig, denn es handle sich um ein Thema, das die Grundwerte der Schweiz betreffe.
Der öffentliche Druck dürfte sich diese Woche auch wegen Berichten über Schweizer Waffen erhöht haben, die im Jemen aufgetaucht sind. Sie haben einmal gesagt, dass von der Schweiz exportierte Waffen nicht in falsche Hände geraten können. Das ist erwiesenermassen falsch.
Das ist so nicht korrekt. Ich habe gesagt, dass diese Gefahr bei Waffen besteht, die vor der Nichtauslieferungserklärung geliefert worden sind. Aber seit 2012, als der Bundesrat die entsprechende Verordnung geändert hatte, ist das nicht mehr möglich. Im Fall von Jemen handelt es sich um alte Lieferungen aus dem Jahr 2006.
In dem betreffenden Bericht sieht man aber auch nicht genau, wer die Waffen hat und wo sie eingesetzt wurden. Es werden schlicht Bilder davon gezeigt, wo die Waffen scheinbar aufgetaucht sein sollen.
Sie finden also, dass sich an der Faktenlage nichts geändert hat. Bundesrat Schneider-Ammann reagiert also nur auf den Druck aus der Öffentlichkeit?
Es ist grausam. An der Faktenlage hat sich für mich nichts geändert. Durch den grossen Einfluss von gewissen Medienhäusern ist der Druck gewachsen. Ich hoffe, dass sich der Bundesrat besinnen wird.
Das Gespräch führte Teresa Delgado.
Einschätzung von SRF-Bundeshausredaktor Curdin Vincenz
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SRF News: Bundesrat Schneider-Ammann spricht von grossem externen Druck. Meint er damit die Medienberichterstattung der letzten Wochen?
Curdin Vincenz: Sicher auch. Es sind gerade ein paar Dinge zusammengekommen: Schweizer Handgranaten sind in Syrien aufgetaucht, Schweizer Sturmgewehre im Bürgerkrieg im Jemen und dann der Support-Vertrag der Pilatus-Flugzeugwerke mit Saudi-Arabien, bei dem nicht klar ist, ob rechtlich alles sauber ist – das alles hat die Exporte in sensible Länder in der Öffentlichkeit in eine schiefes Licht gerückt.
Zudem gab es für den Bundesrat eine unangenehme Reaktion des Parlaments auf seine Idee. Eine Mitte-Links-Mehrheit im Nationalrat hatte im September entschieden, das Parlament solle künftig die Regeln für Waffenexporte aufstellen. Unterdessen zeichnet sich ab, dass der Ständerat gleich entscheiden könnte. Vielleicht auch um dagegen ein Zeichen zu setzen, hat Bundesrat Schneider-Ammann jetzt entschieden – wie uns sein Departement auf Anfrage bestätigt hat – es sei nicht der richtige Zeitpunkt, die Exportbestimmungen zu lockern.
Schneider-Ammann war der Buhmann bei den Exportgegnern. Eigentlich stand er aber ja nicht alleine für die Lockerung der Waffenexporte?
Das stimmt. Die Lockerung ist eine alte Forderung der Rüstungsindustrie. Sie ist vor etwa einem Jahr mit der Idee, unter Umständen auch in Bürgerkriegsländer zu liefern, auf die zuständige Ständeratskommission zugegangen. Nicht zufällig: Dort sitzen einige besonders rüstungsfreundliche Parlamentarier. Es war diese Kommission, die im Frühling dem Bundesrat zu dieser Lockerung riet. Der Bundesrat fällte dann im Sommer den Grundsatzentscheid mit einer Mehrheit aus den zwei FDP und den zwei SVP-Bundesräten.
Heute ist die obligate Bundesratssitzung: Warum hat Schneider-Ammann seinen Entscheid via Medien kommuniziert und nicht seinen KollegInnen an der Sitzung?
Ich kann da nur vermuten: Schneider-Ammann kann so natürlich zeigen, dass er aktiv reagiert auf das veränderte politische Umfeld. Hätte er einfach einen Antrag gestellt im Bundesrat, wäre nach aussen nicht klar gewesen, dass er dahinter steckt oder ob nicht doch die anderen Bundesräte ihn zu dieser Denkpause gedrängt haben.
Zur Klärung: Der Konflikt um die Waffenexporte bleibt auf dem Tisch?
Ja, sicher. Die Formulierung von Bundesrat Schneider-Ammann ist ja auch: «Jetzt mal warten und dann vielleicht handeln». Wenn er also heute im Bundesrat mit seinem Antrag durchkommt, wovon ich ausgehe, und diese Lockerung auf Eis gelegt wird, dann kommt das Thema «Waffenexporte unter Umständen auch in Bürgerkriegsländer» wohl trotzdem in einigen Monaten oder Jahren wieder auf die politische Agenda.
Für diesen Fall hat ein überparteiliches Komitee schon eine Initiative in der Schublade für schärfere Ausfuhrbestimmungen. Das heisst, dass der Grundkonflikt bleibt: Auf der einen Seite eine Linke, die am liebsten gar keine Waffenexporte aus der Schweiz möchte. Auf der anderen Seite vor allem SVP und FDP die sagen, wenn wir eine glaubwürdige Schweizer Armee wollen, brauchen wir eine Rüstungsindustrie im eigenen Land, und die kann nur überleben mit Waffenexporten.
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