Seit Jahren lockt der Schweizerische Mieterschutzverband im Internet Mieterinnen und Mieter mit einem umfassenden Rund-um-die-Uhr-Beratungsangebot im Stil des Mieterverbandes an. Doch das ist schöner Schein, denn hinter dem Mieterschutzverband steht im Wesentlichen ein Mann. Ein 50-jähriger, gelernter Hochbauzeichner. Er ist also kein studierter Jurist.
Die Qualität seiner Dienstleistungen lässt denn auch zu wünschen übrig. Kundinnen und Kunden erzählten im «Kassensturz» aber auch in anderen Medienberichten, wie sie anfänglich bestenfalls eine allgemeine Antwort erhalten hätten. Bei einem Nachhaken habe man sie dann ins Leere laufen lassen. Gleichwohl zahlt man den stolzen Preis von 115 bis 130 Franken für die Jahresgebühr.
Die Mitgliedschaft verlängert sich übrigens automatisch um ein Jahr, wenn man nicht per Ende September kündigt.
Umsatz machen mit unsauberem Geschäftsmodell
Im Sommer 2020 wurde der Mann nun vom Strafgericht des Kantons Zug wegen mehrfachen Verstosses gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verurteilt. Er kassierte unter anderem eine bedingte Geldstrafe von 21’600 Franken bei einer Probezeit von zwei Jahren. Zudem erhielt er die Auflage, diverse Internetdomains vom Netz zu nehmen. Diese erweckten den Eindruck, der Mieterschutzverband verfüge über zahlreiche kantonale Sektionen.
Das SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» konnte Einsicht nehmen, als das Urteil in Zug öffentlich auflag. Das Gericht wirft dem selbsternannten Mieterschützer vor «zumindest eventualvorsätzlich» gehandelt zu haben, und zwar indem er den Anschein einer (nicht vorhandenen) Betriebsstruktur erwecke, um damit möglichst viele Mieterinnen und Mieter anzulocken und einen möglichst hohen Umsatz zu erzielen. So habe er es in Kauf genommen, gegen das UWG zu verstossen, schreibt das Gericht.
Urteil ist nicht rechtskräftig
Der Mann, der hinter dem Schweizerischen Mieterschutz steht, hat das Urteil weitergezogen. Der Fall kommt nun vor das Zuger Obergericht. Das Urteil ist somit nicht rechtskräftig. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Bereits neue Beschwerden
Angestossen hat den Prozess das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), nachdem es mehrere Beschwerden zum Schweizerischen Mieterschutz erhalten hatte. Beim Seco heisst es: Seit dem Urteil habe es bereits vereinzelt neue Beschwerden gegeben. Auch «Espresso» hat seitdem wieder einzelne Meldungen erhalten.
Und tatsächlich läuft das Geschäft in ähnlichem Rahmen weiter. Die Kantons-Domains sind zwar, wie vom Gericht verlangt, verschwunden. Aber zwei Hauptseiten versprechen immer noch eine umfassende Beratung «24/7».
Mieterschützer: «Wir erbringen die angebotenen Leistungen»
Und der Mann, der hinter dem Ganzen steht, hat offensichtlich nicht das Gefühl, etwas Unrechtes zu machen. «Wir können Ihnen versichern, dass die angebotenen Leistungen selbstverständlich auch erbracht werden», schreibt er auf Anfrage von «Espresso». Sollten sich Mitglieder beschwert haben, dann seien das Einzelfälle «im Promillebereich».